Die schlechten Zeiten in der IPO-Industrie werden endlich zur Vergangenheit. Weltweit suchen mehr und mehr Unternehmen wieder die Zahlungskraft der Anleger, denn die zeigen sich zunehmend aufgeschlossen gegenüber neuen Unternehmen und neuen Chancen. Vorreiter waren, wie immer in kapitalmarktbezogenen Entwicklungen, natürlich die USA. An der Wall Street finden sich schon seit dem Frühjahr wieder kontinuierlich neue Werte auf den Kurszetteln. Daß darunter nicht wenige High Tech-Titel sind, spricht für eine neu aufkeimende Risikobereitschaft.

Das hat nun endlich auch die amerikanische Vorzeige Internet-Companie auf den Plan gerufen. Google will jetzt doch an die Börse. Zwar wissen die beiden Gründer Sergey Brin und Larry Page noch nicht genau wann, aber daß das Börsendebüt im nächsten Frühjahr stattfinden soll, scheint ausgemachte Sache. Und weil Google nicht irgendwer ist, werden auch keine Banken für den Vertrieb der Aktien benötigt. Um die Aktien an den/die Mann/Frau zu bringen, soll eine Auktion herhalten. Sehr schön, denken wir. Volkswirtschaftlich betrachtet effizient, weil jeder Auktionator seine Zahlungsbereitschaft bietet und natürlich gut für Google, weil es keine Konsumentenrente (Zahlungsbereitschaft abzüglich gezahltem Preis) mehr gibt. Der maximale Erlös würde eingestrichen. Trotzdem ist es wahrscheinlicher, daß es sich nur um ein bißchen Taktik handelt. Die gierigen Investmentbanken sollen ihre Gebührenforderungen für die Abwicklung des Börsengangs senken und zu einer sauberen Emission gezwungen werden. Schade eigentlich.

Was die Amerikaner können, können die Chinesen schon lange. Nächste Woche soll das größte Versicherungsunternehmen aus dem Reich der Mitte, PICC Property & Casualty, an die Börse gebracht werden. Das geplante Emissionsvolumen: immerhin gute 700 Mio. US-$. Weil PICC in seinem gigantischen, noch weitgehend abgeschotteten Heimatmarkt einen Marktanteil von rund 70 % innehat und deswegen sein Beitragsaufkommen in den letzten zwei Jahren spielend von 25 auf 50 Mrd. US-$ verdoppeln konnte, ist die Nachfrage entsprechend groß. So groß sogar, daß der Ausgabepreis nachträglich um 15 % angehoben wurde. 90 % der Aktien gehen an institutionelle Anleger aus dem Ausland, der Rest an lokale Kleinanleger.

Auch in Europa tut sich was. Spaniens größter Telefonkonzern Telefónica mußte sich aus wettbewerbsrechtlichen Gründen von seinem Privatsender Antena 3 trennen, weswegen in einer Sonderausschüttung 30 % der Anteile an die Madrider Börse gebracht wurden. Obwohl sich Antena 3 momentan noch aus einer Krise herausarbeiten muß – in diesem Jahr wird ein Verlust von 90 Mio. Euro erwartet – zeigten sich die Anleger unerwartet optimistisch. Entgegen der Einschätzung von Analysten, die Kursverluste nicht ausschließen wollten, kletterte der Kurs zeitweise um 21 %. Das Angebot regelt eben die Nachfrage, gerade im IPO-Markt.

Und Deutschland? Auch hierzulande verschwindet die Starre. Gut, auf den Börsengang der Deutschen Bahn müssen wir noch etwas warten. Nicht im Bundestagswahljahr 2006, ist zu hören, und vorher sowieso nicht. Über einen Termin soll überhaupt erst 2005 nachgedacht werden. Und auch besser so, wenn man sich das desolate Strategiegerangel ansieht.

Die GoingPublic Kolumne erscheint zweimal wöchentlich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX

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