Imagine all the people

Indien hat knapp eine Milliarde Menschen und derzeit rund 500.000 IT-Experten. Dank einer Regierungsoffensive aus dem Jahre 1946 entstanden vier technische Universitäten. Diese mittlerweile sechs Indian Institutes of Technology bilden die Technologie-Elite des Landes aus. In der Vergangenheit zog es erfolgreiche Absolventen schnell ins Silicon Valley. Dort leben heute über 100.000 indische IT-Professionals, darunter 1.500 Multimillionäre wie z.B. Hotmail-Erfinder Sabeer Bathia oder Sun-Mitbegründer Vinod Koshla. Diese wiederum sind oft willige Förderer von Jungunternehmern, die heute zunehmend in Indien ihre Start-ups aufbauen möchten. In der indischen IT-Landschaft haben sich bereits regionale Cluster herausgebildet. Bangalore kontrolliert das Internet, Mumbai beschäftigt sich mit Content und Medien, während IT-Services in Dehli zuhause sind.

Der Staat kommt langsam in die Gänge

Die indische VC-Industrie wird von dem Securities and Exchange Board of India (SEBI) reguliert. Seit kurzer Zeit unterhält das SEBI ein Komitee, das der Regierung Reformvorschläge im VC-Bereich unterbreiten soll. Vorsitzender des Gremiums ist Exodus Communications-Gründer K.B. Chandrasekhar, der selbst als Business Angel in Indien aktiv ist (fördert u.a. GrayCell und Aztec). Zu den Vorschlägen gehörten u.a.:

              die Feststellung von Emissionspreisen am Markt, im Gegensatz zur üblichen Festsetzung des Preises von staatlicher Seite

              die Zulassung von Aktienoptionen für Mitarbeiter der Start-ups

              die Aufhebung von Investitionsbeschränkungen für ausländische Investoren

              Veränderungen des Steuerrechts (u.a. Aufhebung der Doppelbesteuerung).

Zu Beginn des Jahres hat das SEBI sich daran gemacht, diese elementaren Forderungen umzusetzen. In diesem Zusammenhang bemüht das SEBI sich auch, die chaotische VC-Industrie mit neuen Richtlinien zu regulieren.

Wachstum von niedrigem Niveau

Das Gesamtaufkommen an Venture Capital in indischen Unternehmen belief sich 1999 auf gerade einmal 700 Mio. US-$. Davon wurden 300 Mio. US-$ im letzten Jahr neu investiert. Diese Summe verteilte sich auf 700 Projekte, womit die durchschnittliche Investition bei etwa 400.000 US-$ lag. Bei großartigen Ideen im Technologiebereich investiere man allerdings auch schon einmal „5-10 Mio. US-$“ in der ersten Finanzierungsrunde, so Sudhir K. Sethi, Director der Walden-Nikko India Management. Der Löwenanteil geht in den Infotech-Sektor. Hier dürfte der Gebrauch von VC in den nächsten Jahren explodieren.

Große Vorbilder

Durch seine Arbeit mit Jungunternehmern versuche er, „Vorbilder aufzubauen“, so Exodus-Gründer Chandrasekhar bescheiden. Natürlich gehört er mit seinem 16 Mrd. US-$ Unternehmen selbst zu den größten Unternehmervorbildern seines Landes. Auch InfoSys hat Börsengeschichte geschrieben. Das indische IT-Unternehmen ist mittlerweile 24 Mrd. US-$ wert. Welcher Inder möchte bei solchen Aussichten eine Green-Card?

Diesen Artikel finden Sie auch im VentureCapital Magazin 8/2000, einem Abo-Supplement des GoingPublic Magazins, S. 9.

Die GoingPublic-Kolumne erscheint börsentäglich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

                                    

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