Sarkasten mögen einwerfen, daß die Einführung des Rades einst von den germanischen Ältestenräten abgelehnt worden wäre, weil die technologischen Folgen als nicht abschätzbar eingestuft worden wären und Tausende von Lastenträgern in der Sippe ihren Job verloren hätten. Einige Industrien, die hierzulande als wirklich förderungswürdig angesehen werden, sind Schiffbau, Kohlebergbau (um das kostbare Naturprodukt anschließend lediglich zu verbrennen), Eisen- und Stahlerzeugung sowie der Bau. Zwar wird auch anderes gefördert, doch würde sich mit mancher Fördersumme für ein junges High Tech-Unternehmen, das hocheffiziente Solarzellen oder richtungsweisende optoelektronische Komponenten zur Marktreife entwickelt, gerade mal die monatliche Spesenrechnung eines Holzmann-Topmanagers mittlerer Art und Güte begleichen lassen.

Die Äußerungen der Insolvenzparteien könnten geeignet sein, manchen direkt Betroffenen zum Wahnsinn zu treiben. Wieso wollen Wettbewerber nun Einzelteile des gestolperten Bau-Dinosauriers übernehmen? Sollte es möglich sein, dasselbe Geschäft besser zu betreiben als die kanzlerlich privilegierte Gesamtschuldnerin? Es sei nun, so war zu lesen, durch den Insolvenzverwalter zu prüfen, welche Teile des Konzerns lebensfähig seien und welche nicht. Pardon – wäre dies nicht eine originäre Aufgabe des Vorstands gewesen? Hat man – trotz der roten Karte von vor zwei Jahren – das Ausmaß der Probleme unterschätzt? Selbst die Verbrennungsleistung eines klassischen Neuer Markt-Dotcoms macht sich dagegen aus wie…– nun ja, man möchte fast "Peanuts" sagen.

Auch die "grundlegenden Probleme auf dem deutschen Baumarkt" werden wieder aufgewärmt und diskutiert. Daß Wirtschaft in Zyklen verläuft, ist keine Neuigkeit mehr. Ist es nicht rätselhaft, daß die tiefe Krise der Bauindustrie mittlerweile wesentlich länger anhält als die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit ihrer Mitarbeiter? Verzerrter Wettbewerb? Aber nein, doch nicht bei uns!

Nebenbei nutzt ein weiteres Grundproblem die Gelegenheit, um auf sich aufmerksam zu machen: das des deutschen Kreditgewerbes. Im Namen der heiligen Ertragsstabilität verschwindet Geld in guten Jahren ins bilanzielle Nirwana, um in schlechten Jahren plötzlich wieder da zu sein, und selbst Milliardenpleiten locker weggesteckt werden. Ob die Salden über den Zyklus hinweg übereinstimmen, wissen wohl selbst Bankenvorstände spontan nicht zu beantworten. Trotz IAS und US-GAAP: Auf transparente Rechnungslegung im Kreditwesen müssen wir wohl noch warten. Schade…

Die GoingPublic Kolumne erscheint jeweils montags, mittwochs und freitags in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

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