Als überdimensioniertes Wachstum noch en vogue war, erfreute sich die Strategie des Wachstums per Akquisition gerade bei jenen Unternehmen großer Beliebtheit, die dem zarten Start-up-Alter schon entwachsen waren. Quasi über Nacht nach Übersee, zum Branchenprimus oder Mischkonzern – mittels Übernahme war alles möglich. Die Renditeforderungen der Investoren waren hoch, manchmal sogar so groß, daß selbst junge Unternehmen vom Übernahmefieber erfaßt worden. Es wurde gekauft „auf Teufel komm raus“. Der Traum vom Industriegiganten ging jedoch weit seltener in Erfüllung als erhofft, dies belegt jetzt eine Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft KPMG.

154 Transaktionen mit einem Volumen von 150 Mio. bis 1,6 Mrd. Euro, in der Zeit von 1998 bis 2001 getätigt, wurden dabei untersucht. Mit ernüchterndem Ergebnis. 59 % der Transaktionen vernichteten Shareholder-Value, nur 38 % und damit nicht viel mehr als 1/3 der Deals sorgten für eine Wertsteigerung. Auffallend bei der Untersuchung: Geringere Beteiligungen (bis zu 25 %) brachten weit mehr ein, als die großen medienwirksamen Merger, die in den meisten Fällen schiefgingen. Die Liste der Luftnummern ist dabei lang. AOL TimeWarner, DaimlerChrysler und viele andere mehr, die mit spektakulären Transaktionen viel versprachen und wenig gehalten haben. Am Neuen Markt sieht es nicht anders aus. Die (ehemaligen) Aktionäre von Heyde, Telesens und Co. werden sich mit Schrecken daran erinnern.

Als größtes Problem der Deals entpuppte sich, abgesehen vom eventuellen finanziellen Ruin, das Integrationsproblem. Unternehmenskulturen prallen aufeinander und lassen sich genauso schwer vereinen wie die jeweiligen EDV-Strukturen. Am Ende haben dann meist zähe Verhandlungen alle potentiellen Synergien vernichtet, wichtige Kunden und Netzwerkstrukturen sind abhanden gekommen, und die Unternehmen stehen gemeinsam weit schlechter da als jedes für sich allein.

Wer als Aktionär Hinweise darauf haben will, ob die Aktien seines Unternehmens bei einem Deal tendenziell profitieren oder doch eher auf der Verliererseite stehen werden, der sollte seinen Blick auf die relative Bewertung innerhalb der Branche richten. Unternehmen, die im Vorfeld der Transaktion eine Underperformance zur Branche aufwiesen, konnten nachher mit einem Wertzuwachs aufwarten. Dagegen büßten solche Unternehmen tendenziell an Wert ein, die sich vor einer Beteiligung oder Übernahme besser als der Markt entwickelt hatten.

Das Fazit für den Investor: Sollte Ihnen das Management Ihres Unternehmens das nächste Mal in leuchtenden Farben von den Vorteilen einer Übernahme oder Fusion vorschwärmen, seien Sie auf der Hut. Das Management könnte auch nur von der Aussicht auf einen neuen Bonus geleitet worden sein.

Die GoingPublic Kolumne erscheint jeweils montags, mittwochs und freitags in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

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