Es ist ja nicht so, daß Finanzinstitute durchwegs schlecht sind. Diese Sichtweise ginge an der Realität weit vorbei. Das Antonym dazu, die sprichwörtlich Weiße Weste, trägt man an der Wall Street allerdings auch eher selten. Zu viele Versuchungen, zu lukrativ die Möglichkeiten, mit denen man dem Gewinn noch einen Extra-Lift verpassen kann. Nicht selten wird deshalb wenigstens in Grauzonen gearbeitet.

Dumm nur, wenn das dann ans Tageslicht gerät. Natürlich, es kommt nicht alle Tage vor, aber manchmal hat der Gesetzesarm doch einiges Interesse daran, für Recht und Ordnung zu sorgen – oder wenigstens den Anschein desselben zu erwecken. Dann heißt es Ruf und Ruhe zu bewahren bei den Wall Street-Companies, denn an schlechter Publicity ist keiner wirklich interessiert. Ein langwieriger Gerichtsprozeß wäre da das allerschlechteste, das weiß auch die amerikanische Justiz und hat den (Vergleichs-)Zahlungen zu einer beeindruckenden Blüte verholfen.

Schillernstes Beispiel sind dabei natürlich die 1,4 Mrd. US-$, die zu zahlen sich im April dieses Jahres zehn US-Investmentbanken bereit erklärten als kleine Wiedergutmachung, weil im letzten Börsenboom Aktienempfehlungen systematisch geschönt worden waren. Mit von der Partie waren u.a. Merrill Lynch, die Citigroup und auch die Deutsche Bank, der 80 Mio. US-$ aufgebrummt wurden.

Die Wahrung des guten Rufes war auch der CSFB einiges Wert. Die Investmentbank hatte sich mit ihrem Starbanker und Chef der Technologie-Abteilung Frank Quattrone wegen dubioser Praktiken reichlich Ärger eingehandelt. Um alle Untersuchungen gegen die Bank selbst einzustellen zahlte die CSFB 100 Mio. US-$. Quattrone dagegen wurde flugs entlassen und muß sich nun wegen der vorsätzlichen Vernichtung von Beweismaterial vor Gericht verantworten. Von der CSFB dagegen hört man kaum etwas.

Neu im Club ist auch James P Connelly. Der ehemalige Vice Chairman der Fondsgesellschaft Fred Alger Investments erklärte sich bereit 0,4 Mio. US-$ zu bezahlen, um Vorwürfe der US-Wertpapieraufsicht beizulegen. Ihm waren illegale Transaktionen zusammen mit Hedge Funds vorgeworfen worden.

Die Weiße Weste kann ein teures Kleidungsstück sein, aber Mitleid ist kaum angebracht. Auch Vergleichszahlungen gehören an der Wall Street fast immer zu der Kategorie „guter Deal“.

Die GoingPublic Kolumne erscheint zweimal wöchentlich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

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