Freeserve-Aktien haben in der letzten Woche deutlich zugelegt. Grund dafür sind Gerüchte, wonach Dixons die Investmentbank Goldman Sachs mit dem Verkauf des Internetunternehmens beauftragt haben soll. Es scheint, als wolle sich Dixons aus dem ISP-Geschäft verabschieden. Nicht nur, weil Internetaktien gerade eine schwere Zeit durchmachen, sondern auch, weil Freeserve gegen die zunehmende Konkurrenz nur bedingt gerüstet ist. Der ISP ist noch immer sehr abhängig von seinen Einnahmen aus Telefongebühren (diese erhält das Unternehmen nicht von den Kunden, sondern den Telekomanbietern selbst). Durch die Flat Rate-Angebote, die AltaVista, NTL und neuerdings auch LibertySurf für Großbritannien angekündigt haben, wird die Luft dünner für Freeserves  „Telefonminutenmodell“. Der Weg zum reinen Internetportal, das durch seine Einkünfte aus e-Commerce und Werbeeinnahmen unabhängig von Telefongebühren wäre, ist schwierig. Gut möglich, daß Dixons diesen Weg nicht gehen möchte. Möglich, daß Freeserve diesen Wandel mit einem starken Internetunternehmen an der Seite erfolgreicher vollziehen könnte.

T-Online wird auf jeden Fall seine Internationalisierungsstrategie vorantreiben müssen. Das Unternehmen hat trotz der Präsenz im deutschsprachigen Ausland und den jüngsten Deals in Frankreich noch wenig Auslandserfahrung. Gerade um englischsprachigen Content zu erhalten, scheint Freeserve attraktiv.

Das zweitgrößte europäische Internetunternehmen, Terra Networks (Telefonicas ISP), erwägt unterdessen den Kauf von Lycos, Inc. aus den USA. Für Terra wäre das ohne Zweifel ein Coup. Der spanische ISP ist in einer ähnlichen Lage wie T-Online. e-Commerce-Einnahmen sind noch gering – die Abhängigkeit von Telefongebühren entsprechend groß. Beiden Unternehmen, Terra und T-Online, fehlt Erfahrung im fremdsprachigen Ausland. Auch für T-Online wäre ein Unternehmen wie Lycos, das derzeit mit weniger als 500 US-$ pro Kunde bewertet wird, sehr interessant. T-Online scheint an Lycos allerdings wenig interessiert. Terra hat klar die Nase vorne und den Deal schon fast in der Tasche.

Die europäische ISP-Szene ist in Bewegung geraten. Wahrscheinlich wird schon bis zum Jahresende eine erste große Konsolidierungswelle abgeschlossen sein. T-Online, Terra, World Online & Co. müssen sich anstrengen, um dabei nicht den Anschluß zu verlieren.

Unterdessen schauen Freeserve-Aktionäre nach Deutschland und fragen sich: „Wann kommt der (Ron) Sommer?“

Die GoingPublic-Kolumne erscheint in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

 

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