Stewart hatte auf den Rat ihres Brokers hin für 228.000 US-$ Aktien des Biotech-Unternehmens ImClone verkauft – einen Tag, bevor der Kurs wegen eines nicht zugelassenen Krebs-Präparats abstürzte. ImClone-CEO Waksal handelte ebenso und steht derzeit wegen Insiderhandels vor Gericht. Stewart bisher nicht, denn der Assistent ihres beauftragten Brokers war mit Geld und einer Woche Urlaub inklusive Flugreise zum Schweigen überredet worden. Jetzt hat er das Schweigen trotzdem gebrochen. Das Pikante daran: Stewart und Waksal sind gute Freunde, Stewarts Broker ist auch Waksals Broker.

Die schonungslose Wahrheit wird auch andernorts gesucht. Eine Investmentbank soll als kleines Dankeschön für zukünftige Investmentbanking-Mandate u.a. Managern von ebay, Global Crossing, Tyco und natürlich Enron-Aktien heißbegehrter Neuemissionen vorrangig zugeteilt haben. Alles andere als Fair Play, aber handfeste Beweise sind nicht gerade einfach zu finden. Die Investmentbank selbst spricht natürlich von einer „ungeheuerlichen Verdrehung der Tatsachen.“

Für Gary Winnick wäre ein zumindest in diesem Fall ergebnisloses Ende der Ermittlungen gut, denn der Chairman von Global Crossing hat momentan andere Sorgen. Ihm wird vorgeworfen, schon vor zwei Jahren von der Schieflage des Konzerns gewußt zu haben. In einem Memo seines CEOs sei er darauf hingewiesen worden, daß das Unternehmen kollabieren könnte, mit dem Hinweis, er solle verkaufen, bevor die Wall Street merkte, daß sie „betrogen“ wurde. Er hat“s nicht getan und gesteht seinen Mitarbeitern dafür jetzt reumütig ein: „Ich habe Sie enttäuscht“. Die sitzen zu Zehntausenden auf der Straße, ohne Pensionsersparnisse. Ein kleines Trostpflaster aus der Privatschatulle Winnick“s in Höhe von 25 Mio. US-$ soll’s richten.

Dieser Beitrag ist auch im GoingPublic Magazin 11/2002 erschienen.

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