„Der Euro ist unterbewertet. Fundamental betrachtet, müßte er viel höher stehen!“, war die einhellige Meinung aller Politiker und Währungsexperten – zumindest der europäischen. Ökonomische Gründe? Sicherlich, aber auch verletzter Stolz. Das Mammut-Projekt der Europäer, als Weichei beschimpft? So nicht. Die Währung des zweitgrößten Wirtschaftsraumes sollte auch zur zweiten Leitwährung werden. Nur, daß bis vor kurzem daran kaum jemand wirklich Interesse hatte.

Der USA bzw. dem Dollar ging es gut. Das vielzitierte Außenhandelsdefizit war kein Problem. Weder für den US-Finanzminister noch für die Anleger. Jeder wollte in die dynamischste aller Volkswirtschaften investieren und finanzierte so deren Auslandsschulden.

Dann kamen Enron und Tyco und jetzt noch Worldcom, was gepaart mit einer protektionistischen und kurzsichtigen Handelspolitik der Amerikaner das Vertrauen der Anleger vernichtete. Die daraufhin ihr Geld flugs aus den USA abzogen und so dem Greenback innerhalb kürzester Zeit die Luft abschnürten.

Der Dollar verliert beängstigend schnell an Wert. An den Devisenmärkten hat sich das Spiel geändert. Der hochgejubelte Dollar wird jetzt niedergemacht. Und daß sich bei der Abwertung alle Devisenhändler nur an fundamentalen Daten orientieren, darf bezweifelt werden.

Für die USA bedeutet die Abwertung wohl das Ende des Aufschwungs, denn die Fed wird der aufkeimenden Inflation über kurz oder lang mit einer Zinsanhebung entgegentreten müssen. Die Unternehmen werden durch die teurer gewordene Refinanzierung aber in ihren Wachstumsaussichten gebremst genauso wie die Zinsbelastung der privaten Haushalte steigt. Und die Aktienkurse laufen so weiter wie zuletzt.

Ob das alles nun wirklich der Eurozone hilft, bleibt abzuwarten. Der Euro gilt momentan als das kleinere Übel, deswegen steigt er. Zwar verbilligen sich dadurch die Importe, aber die Exporteure, die in Deutschland eindeutig in der Überzahl sind, erleiden empfindliche Einbußen. Nicht nur, weil sich ihre Produkte verteuern, sondern weil die ausländische (US-) Nachfrage wegbricht. Das ist alles kein Problem, wenn die Inlandsnachfrage diesen Ausfall kompensiert, immerhin kommt ja die EZB nun ohne Zinsanhebung aus, was der heimischen Industrie zusätzlichen Schub verleihen könnte. Aber wenn der europäischen Wirtschaft in den letzten Jahren eines gefehlt hat, dann war es Eigendynamik. Und zwar genau die Portion, die jetzt nötig wäre, um aus dem starken Dollar wirklich Kapital zu schlagen.

Die GoingPublic Kolumne erscheint jeweils montags, mittwochs und freitags in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

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