Erinnern Sie sich noch an einige Highflyer des letzten Jahres? Zwei von ihnen waren sicherlich die beiden Handy-Produzenten Nokia und Ericsson. Es stellte sich bei vielen Anlegern eine Art eingeschränkte kognitive Wahrnehmung hinsichtlich des scheinbar unbegrenzten Wachstumspotentials im Handy-Absatz ein. Mittlerweile stehen die Aktienkurse beider Unternehmen tiefer bzw. wieder auf dem Niveau des Vorjahres. Wie offenbar erst jetzt klar wurde, kann man in Europa nicht jedem Kunden ein Zweit-Handy andrehen. Der Wachstumsmarkt Asien ist auch noch nicht soweit, wie man das gerne gesehen hätte – und er ist begrenzt. Der Wohlstand stellt sich nur langsam ein, so daß nicht alle Chinesen als potentielle Handy-Käufer tatsächlich auch in Frage kommen. Hierzulande möchten die Menschen dagegen ihre „privaten Begleiter“ möglichst kostenlos. Nicht nur die Handy-Preise sinken, sondern auch die Gesprächsgebühren. Damit bewegt sich die gesamte Telekommunikations-Branche auf einem sehr schmalen Grat zwischen Profitabilität und Marketing-Exzeß.

Beispiel UMTS. Auch hier wollten die beteiligten Unternehmen die Masse davon überzeugen, daß UMTS praktisch zum täglichen Leben gehören werde. Aber um welchen Preis? Inzwischen ist auch hier deutlich geworden, daß die Telekoms dieser Welt zunächst sehr tief in die Tasche greifen müssen, und zwar in die eigene. Ob man sich in einigen Jahren die immensen Investitionen tatsächlich von den Benutzern wieder hereinholen kann, steht noch in den Sternen. Und die sind aus jetziger Sicht nicht mehr zum Greifen nahe. Damit sich der UMTS-Standard amortisiert, rechnen Experten – und zwar unabhängige, was in diesem Zusammenhang sehr wichtig ist – mit monatlichen Kundengebühren von bis zu 100 DM. Es erscheint fraglich, ob jedem Benutzer dieser Betrag monatlich aus der Tasche gelockt werden kann.

Wenn schon nicht über das Handy, dann zumindest über das TV-Gerät sollen User zukünftig ins Internet gelangen. So zumindest die Botschaft der Erfinder und Vermarkter der Set-Top-Boxen. Der Fernseher ist und bleibt aber des Deutschen liebste Nebenbeschäftigung. Er steht in der Regel im Wohnzimmer, in gebührendem Abstand zur Couch. Es erscheint eher schwer vorstellbar, daß man sich zum TV begibt, um dann über den Fernseher ins Internet zu gehen. Und wo verfolgt man dann den Musiksender oder die Talkshow als Hintergrund-Berieselung? Vor kurzem berichteten Händler, daß die Set-Top-Boxen wie Bleikugeln in den Regalen lägen. Die Anfangseuphorie der neuen Technik ist verflogen.

Auch im Jahr 2000 versucht amazon.com immer noch vergeblich, Bücher gewinnbringend über das Internet zu verkaufen. Die deutschen Plagiate des Online-Buchhändlers üben sich an derselben Aufgabe. Profit ist aber auch hierzulande Fehlanzeige – aber sie haben es wenigstens versucht. Als rühmliche und zugleich bizarre Ausnahme ist übrigens buecher.de zu nennen, die im vorletzten Quartal überraschend einen Gewinn von 3,7 Mio. DM melden konnten. Dies führte allerorten zu ungläubigem Staunen. Kein Wunder, setzte er sich doch zusammen aus einem operativen Verlust von 5,8 Mio. DM, der aber von einem außergewöhnlichen Ertrag von 9,5 Mio. DM aus der Anlage der verbliebenen Emissionserlöse in einen Spezialfonds weit übertroffen werden konnte. Im letzten Quartal lief es dann allerdings nicht mehr so gut: Das Ergebnis war wieder defizitär…

Die GoingPublic-Kolumne erscheint börsentäglich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

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