Seit die Fusion jedoch aufgrund von Empfindlichkeiten der Vorstände beider Häuser und insbesondere wegen unüberbrückbarer Meinungsverschiedenheiten über die Zukunft der Investmentbanking-Division Dresdner Kleinwort Benson scheiterte, ist im Bankenmonopoly wieder alles offen. Das Problem der deutschen Häuser ist neben der nicht ausreichenden Internationalisierung vor allem in der traditionellen Ausrichtung der Institute als Universalbank zu suchen: Der deutsche Markt ist schlicht und einfach zu stark segmentiert, um allen Banken eine ausreichende Marge in allen Bereichen des Bankgeschäfts zu sichern. Probleme bereiten den Großbanken vor allem auch die Sparkassen und Genossenschaftsbanken, die sich durch ihre Eigentümerstruktur günstige Refinanzierungskonditionen sichern. Der Ausweg ist daher nur über eine Bereinigung des Heimatmarktes zu finden. Dies haben zweifelsohne auch die betroffenen Institute selbst erkannt. Wie schwer es jedoch ist, aus eigener Kraft eine Neugestaltung der deutschen Bankenlandschaft herbeizuführen, hat die geplatzte Fusion zwischen Dresdner und Deutscher Bank deutlich gezeigt. Ausländische Häuser halten sich angesichts der schwierigen Rahmenbedingungen mit Aufkäufen deutscher Häuser derzeit verständlicherweise lieber zurück.

Die deutschen Institute haben im internationalen Wettbewerb nur dann Chancen, wenn sie sich auf ihre Stärken und Kernkompetenzen konzentrieren und andere Geschäftsfelder den Mitbewerbern überlassen. So hat sich die Münchner HypoVereinsbank als „Bank der Regionen“ seit der Fusion vor zwei Jahren auf das Privatkundengeschäft und Immobilienfinanzierungen konzentriert und dort beachtliche Marktanteile errungen. Die Deutsche Bank hat sich mit ihrer Globalisierungsstrategie in den Bereichen Investmentbanking und Asset Management nach vorne gekämpft, auch wenn ihr der ganz große Durchbruch bisher noch versagt blieb. Erfolgreich kann auch eine Focussierung auf bestimmte Geschäftsfelder und Kundengruppen sein, wie es z.B. die Direktbanken und Discount-Broker vorgemacht haben.

Nun ist mit der niederländischen Finanzholding Rebon B.V. eine neue Größe auf den Plan getreten, die über ihre deutsche Tochtergesellschaft CoBra Beteiligungsgesellschaft mbH 9,9 % der Commerzbank-Aktien erworben hat. Gleichzeitig hat die niederländische Mutter, hinter der die Investoren Clemens Vedder und Klaus-Peter Schneidewind stehen, verlautbaren lassen, daß sie ihren Anteil auf mindestens 20 % erhöhen will. Neben diesen beiden Personen ist auch der Geschäftsführer von CoBra in der Investmentszene kein Unbekannter: Hansgeorg Hofmann war bis 1997 im Vorstand der Dresdner Bank für das Investmentbanking zuständig, bevor er wegen eines Steuervergehens vorzeitig abtreten mußte. Insbesondere Hofmann, der als geistiger Vater des Deals gilt, gibt zu zahlreichen Hypothesen und Vermutungen Anlaß. Es kursieren Gerüchte, daß ein ausländischer Mitbewerber der Commerzbank hinter dem Coup stehen könnte. Der Ex-Dresdner-Banker, der in der Londoner City trotz seines Steuerdelikts noch immer einen exzellenten Ruf genießt, verfügt über die nötigen Kontakte zu allen großen Häusern am Platz. Seit Monaten tauchen renommierte Adressen wie ABN Amro, Credit Suisse, HSBC und UBS immer wieder als potentielle Übernahmekandidaten in den Schlagzeilen auf. Das Investorengespann könnte daher schon bald sein neu erworbenes Commerzbank-Paket mit einem ordentlichen Aufschlag an einen möglichen Interessenten weitergeben.

Es bleibt generell abzuwarten, ob die neue Eigentümerkonstellation bei der kleinsten der Frankfurter Großbanken etwas Bewegung in die verfahrene Situation im deutschen Bankenpoker bringen kann. Sicher ist, daß eine für die gesamte Branche befriedigende Lösung nur am großen Tisch zu erzielen sein wird. Den Anstoß für eine Neustrukturierung des deutschen Marktes könnte der Einstieg eines ausländischen Mitbewerbers bei einem der großen Häuser zwar geben, es ist jedoch auch die Handlungsbereitschaft aller anderen direkt oder indirekt Beteiligten gefordert. In diesem Sinne bleibt zu hoffen, daß neben der Einsicht in die Notwendigkeit auch der Wille zum Handeln reift, um den gordischen Knoten namens deutsche Bankenstruktur endgültig zu durchschlagen.

Die GoingPublic-Kolumne erscheint börsentäglich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

Autor/Autorin