Eigentlich und ganz besonders im angelsächsischen Raum halten sich die Manager mit öffentlichen Informationen über Zahlen und Geschäftsverlauf für gewöhnlich zurück. Natürlich gibt es jede Menge off-the-records-Gespräche mit Analysten oder Journalisten, aber dies läuft zumeist sehr diskret ab. In den vergangenen Wochen häufen sich hingegen die öffentlichen Beiträge. Wo sonst nur hinter vorgehaltenem Fächer aus zumeist gut informierten Kreisen getuschelt wurde oder mit der Materie befasste Personen unter dem Siegel der Verschwiegenheit andeutungsweise Informationen für die Riege der Gerüchtsvollzieher durchsickern ließen, gibt es heute sogar schriftliche Informationen.

Zum Beispiel informierte Citibank-Chef Vikram Pandit die Seinen per Mail über den Verlauf der ersten beiden Monate des Geschäftsjahres. Anzunehmen, dass der Mann weiß, dass man Mails drucken oder weiterleiten kann. Was wäre passiert, hätte er von schlechten Geschäften und weiteren Risiken berichtet? Gut, dass die Jungs von der HRE bislang auf solche Mails verzichtet haben. Deutsche Bank-Chef Ackermann sinniert derzeit ebenfalls auffallend häufig öffentlich über den als positiv empfundenen Geschäftsverlauf im ersten Quartal. Und es wirkt: Anleger mit zittrigen Händen freuen sich offensichtlich schon, wenn nicht weitere Milliardenverluste avisiert werden.

Die unter Kaufverweigerung leidenden Automobilfirmen müssen zwar Absatzrückgänge zwischen 18 und 50 % vermelden. Dennoch haben sie „hoffnungsvolle Signale“ in der letzten Märzwoche aufgenommen. Ja, senden jetzt Kunden Kaufinteresse per Funk? Nähere Infos über die Signale gibt es nicht – danke, so genau hätte man es dann auch nicht wissen wollen. Die Kursanstiege waren dennoch beträchtlich.

Alles in allem bleibt festzuhalten: Selten hat der Markt ähnlich stark auf News dürftigen Inhalts in vorliegendem Maße positiv reagiert. Vieles deutet also darauf hin, dass der Markt nach Norden will, obschon die aktuell verfügbaren konjunkturellen Frühindikatoren zu viel Optimismus verbieten. Aber allein die Tatsache, dass die Anlagealternativen derzeit nur historisch niedrige Renditen versprechen, lässt viele Investoren zur Aktie greifen.

Stefan Preuß

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