Gerhard Schwarz, Head of Equity Strategy, Baader Bank AG
Gerhard Schwarz, Head of Equity Strategy, Baader Bank AG

Obwohl die Erholung der deutschen Wirtschaft von der tiefsten Krise seit der großen Depression vor gerade einmal zwei Jahren begonnen hat, befinden sich zentrale deutsche Aktienindizes bereits wieder in der Nähe ihrer 2007 erreichten Allzeithochs. Einige Einzelwerte wie Adidas, BASF, BMW, FMC, Henkel, Linde und VW Vz haben diese sogar schon erreicht. Damit einher ging eine rasante Aufholjagd an den Aktienmärkten. Während der DAX zur Jahresmitte noch ca. 9% unter seinem höchsten Schlusskurs aus dem Jahre 2007 notierte, waren es beim MDAX nur knapp 4%.

Diese Entwicklung ist durch die Fundamentaldaten nachhaltig untermauert. So übertraf das reale deutsche BIP im ersten Quartal dieses Jahres den vor der Krise markierten Hochpunkt. Zwar wird das Wirtschaftswachstum in Europa aufgrund der Schuldenkrise in einigen Ländern merklich gedämpft. Dies wird jedoch durch die weiterhin stark steigende Nachfrage in den Schwellenländern überkompensiert. Gleichzeitig profitiert der deutsche Aktienmarkt von einer relativ hohen industriellen Basis, deren Wettbewerbsfähigkeit durch die in den letzten Jahren erzielten Reformen und Produktivitätsanstrengungen einen deutlichen Vorteil gegenüber anderen Ländern erfahren hat. Dies begünstigt insbesondere die im MDAX vertretenen Unternehmen, die im Vergleich zu den Blue Chips im DAX einen höheren Anteil ihrer Wertschöpfung im Inland erwirtschaften. Dies macht den MDAX zu einem Instrument, das die deutsche Wirtschaft besser abbildet als der DAX.

Die günstigen Rahmenbedingungen für deutsche Aktien zeigen sich auch in dem weiter aufwärts gerichteten Trend in den Unternehmensgewinnschätzungen, der unverändert die wichtigste Stütze für die Kursentwicklung darstellt. Für den DAX wird für 2012 ein Gewinnwachstum von 9% erwartet und für den MDAX sogar um 15%. Darüber hinaus verzeichnen deutsche Aktien nun bereits seit mehreren Quartalen positive Gewinnrevisionen. So wurden die Schätzungen für das laufende Jahr aufgrund der extrem positiven Überraschungen bei den Gewinnveröffentlichungen für das erste Quartal dieses Jahres (24 DAX-Unternehmen konnten die Erwartungen übertreffen) seit Jahresanfang um bereits um mehr als 5% angehoben und zwar sowohl für den DAX als auch den MDAX. Betrachtet man die rollierenden Gewinnschätzungen für die nächsten 12 Monate so hat die Gewinnbasis für den DAX als auch für den MDAX bereits vor einigen Monaten neue Allzeithochs erreicht – ein klares Signal für neue Höchststände.

Zudem stellt die niedrige Bewertung einen wichtigen Puffer dar, die derzeitigen Herausforderungen auf europäischer und globaler Ebene zu verdauen. Unsicherheiten über die Dauerhaftigkeit des globalen Konjunkturaufschwungs aufgrund zuletzt deutlich schwächerer Wirtschaftszahlen in den USA, Sorgen über das Wachstum in China oder last but not least die Schuldenkrisen in Europa und USA – das alles sind Faktoren, die die Bewertungen in den letzten 12 Monaten gedrückt haben. Das KGV des DAX liegt aktuell bei rund 10, was seit Einführung des DAX im Jahr 1988 nur in der Bodenbildungsphase nach dem 1987er Crash und in den Monaten nach der Lehman-Pleite deutlicher unterschritten wurde. Während die Gewinnschätzungen zu diesen Zeitpunkten jedoch von massiven Abwärtsrevisionen geprägt waren, ist aktuell klar das Gegenteil der Fall.

Für den DAX und insbesondere den MDAX bleiben neue Allzeithochs also klar erreichbar. Und gerade weil der erwartete Kursaufschwung in erster Linie fundamental untermauert ist, sollte das Emissionsfenster sowohl für Eigenkapital- als auch Fremdkapitalemissionen offen bleiben. Für die Unternehmen bedeutet dies, dass sie den erforderlichen Investitionsbedarf aufgrund des Konjunkturaufschwungs über den Kapitalmarkt finanzieren können und sollten.

Ursprünglich erschienen im GoingPublic Magazin 08-09/2011.

 

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