Stellen Sie sich vor, Sie besitzen Aktien. Keine schöne Vorstellung, natürlich, aber nehmen wir einmal an, es ist so. Und gehen Sie nun weiter davon aus, daß Sie, wenn Sie Aktien verkaufen möchten bzw. das getan haben, dies öffentlich bekannt machen müssen. Eine Unverschämtheit, sagen Sie? Sehr richtig. Eine öffentliche Zurschaustellung? – Eben. Wir sind doch nicht im Mittelalter. Jeder hat ein Recht auf Privatsphäre. Das schlimme an diesem Gedankenexperiment: Es ist real.

Vorstände und Aufsichtsräte von Firmen des Neuen Marktes waren in der Vergangenheit gezwungen, ihre Aktiengeschäfte zu veröffentlichen. Ganz plakativ, auf der Seite der Deutschen Börse! Zugegeben, es betraf nur die Aktien des eigenen Unternehmens, die Aktiengeschäfte wurden erst drei Tage nach Abschluß der Transaktion auf der Webseite veröffentlicht, und wahrscheinlich konnte man auch ein bisschen tricksen, damit die Geschäfte nicht gleich jeder mitkriegte. Aber es bleibt dabei. Eine Privatsphäre gab es für die Führungsebene in dieser Hinsicht nicht.

Das ist nun Gott sei Dank vorbei. Nach Inkrafttreten des 4. Finanzmarktförderungsgesetzes ist zwar die Meldepflicht auf Vorstände und Aufsichtsräte von Unternehmen des Amtlichen Handels und des Geregelten Marktes ausgeweitet worden, die zentrale Veröffentlichungsstelle auf den Seiten der Deutschen Börse ist dafür allerdings vorerst abgeschafft. Die zuständige Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin) hat zwar vor, ihrerseits eine zentrale Stelle zur Bekanntgabe der „Director´s Dealings“ im Internet zu implementieren. Aber das kann dauern. Unterdessen ist die Führungsriege der betroffenen Unternehmen angehalten, die meldepflichtigen Transaktionen auf der Firmen-Homepage zu veröffentlichen. Ob auf der Startseite oder irgendwo ganz tief unten im Geflecht der Links – das bleibt jedem selbst überlassen.

Darum nun ein gut gemeinter Rat an alle betroffenen Vorstände und Aufsichtsräte. Denken Sie taktisch und verkaufen Sie jetzt die Anteile ihres Unternehmens, die Sie sowieso schon lange loswerden wollten. Im Moment merkt es keiner. Und wenn die BAFin ihre Seite dann eingerichtet hat, können Sie die Aktien wieder zurückkaufen – und schlagen gleich zwei Fliegen mit einer Klappe. Die Aktien sind dann höchst wahrscheinlich noch etwas billiger, und darüber hinaus setzten sie noch ein positives Signal. Mit dem Kauf der eigenen Aktien können Sie jedem unmißverständlich zeigen, wie unerschütterlich ihr Glauben in das eigene Unternehmen ist.

Die Kolumne erscheint jeweils montags, mittwochs und freitags in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

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