Natürlich, nicht jeder handelt nach dieser Maxime, trotzdem sind die vornehm Zurückhaltenden wohl deutlich in der Minderzahl. Der Mensch ist – zumindest im ökonomischen Handlungsbereich – ein opportunistisch handelnder, beschränkt rationaler Nutzenmaximierer, so das Credo der Wirtschaftsexperten. Für sich selbst zu sorgen, hat prinzipiell nichts Verwerfliches an sich. Problematisch wird das ganze bei der Interaktion mit anderen, denn unglücklicherweise ist es nun einmal so, daß bei einem begrenzt vorhandenen Gut der Teil, den die eine Partei mehr hat, der anderen fehlt.

Ähnlich verhält es sich mit den potentiellen Börsenkandidaten und der Anlegerschaft. Die Unternehmen, die ihr IPO anvisieren, tun das ja nicht aus Spaß an der Freude, sondern um den Eigenkapitalstock deutlich zu vergrößern. Um das aber zu erreichen, ist es notwendig, den Emissionspreis so festzulegen, daß dem betreffenden Unternehmen möglichst viel frisches Kapital zufließt. Die – sagen wir – Gegenposition nehmen nun die Investoren ein, denn ein Engagement lohnt sich für sie nur, wenn der Preis der Aktie so niedrig ist, daß Kurssteigerungen möglich sind. Für den IPO-Kandidaten bedeutet dies also, einen Emissionspreis zu finden, der eine ausgewogene Attraktivität für beide Seiten besitzt. Daß sich dabei nicht jede emissionsbegleitende Bank gleichermaßen geschickt anstellt, dürfte in diesem Zusammenhang kein Geheimnis sein. Verpatzte Kursperformances vieler Neuer Markt-Werte sind stumme Zeugen dieses Mißpricings.

Eine diesbezüglich entscheidende Variable ist die allgemeine Marktverfassung. Wenn die Börse haussiert, sind die Anleger bereit, wesentlich höhere Aktienbewertungen bei Neuemissionen in Kauf zu nehmen. Die schwankende Bereitschaft der Unternehmen, den Börsengang in Angriff zu nehmen, ist sicherlich zum großen Teil auf diese Tatsache zurückzuführen. Drängten Anfang des Jahres, als die Laune der Anleger kaum besser hätte sein können, noch reihenweise Unternehmen an den Kapitalmarkt, so versiegte diese Flutwelle mit der anschließenden Korrektur so schnell, wie sie aufgekommen war. GMX, Hyperwave, blaxxun interactive, um nur einige zu nennen, brachen ihren Börsengang in einem noch frühen Stadium oder auch erst nach Beendigung der Zeichnungsfrist „aufgrund der schwachen Marktlage“ oder wohl einfach deswegen, weil Anleger besonders in schlechten Zeiten auf Qualität achten, ab. Diejenigen, die den Termin der Erstnotiz noch nicht genau festgelegt hatten, konnten stillschweigend auf einen besseren Zeitpunkt warten. Der scheint nun gekommen. Bis zum 5. Juli wollen 14 weitere Unternehmen den Sprung aufs Parkett wagen. Seien Sie bei all dem Trubel um die anstehenden Neuemissionen also auf der Hut, daß ihr Wunschunternehmen auch gerecht mit ihnen teilt. Ihre Depot-Performance wird es Ihnen danken.

Die GoingPublic-Kolumne erscheint in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

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