Ranking der Top-3 und Flop-3 Ergebnisse
Ranking der Top-3 und Flop-3 Ergebnisse

Barrieren für die Verständlichkeit
Betrachtet man die Briefe genauer, ist gut zu erkennen, woher die niedrigen Bewertungen kommen. So sind Sätze mit 40, 50 oder mehr Wörtern keine Seltenheit. Der längste Satz stammt aus dem Aktionärsbrief vom Aufsichtsrat der Deutschen Telekom mit sage und schreibe 96 Wörtern. Durchschnittlich weisen die Aktionärsbriefe einen Anteil von 36% an zu langen Sätzen auf (Sätze mit mehr als 20 Wörtern). Aber auch Schachtelsätze und Passivkonstruktionen kommen häufig vor. Betrachtet man alle Aktionärsbriefe, kommt man beim Anteil von Schachtelsätzen (3 und mehr Satzteile) auf 21,7%. Im Ländervergleich schneiden die deutschen Aktionärsbriefe mit einem Anteil von 16,4% Schachtelsätzen deutlich besser ab als die Briefe der Schweizer Kollegen mit einem Anteil von 27,1%.

Die Briefe an die Aktionäre sind zudem gespickt mit komplexen Wörtern: Zwar zeigen die Werte, dass der Anteil an langen Wörtern (mit mehr als 16 Buchstaben) fast immer unter 5% liegen, dennoch gibt es viele Begriffe, die nicht als «alltagstauglich» eingestuft werden können.

Verpasste Chance
Das Fazit zu den Studienergebnissen ist eindeutig: Die Mehrzahl der Unternehmen verpassen die Chance, ihre Leser mit dem Brief an die Aktionäre abzuholen und mitzunehmen. Mit unverständlicher Sprache kann man keine Visionen teilen, keine Sachverhalte erklären und vor allem kein Vertrauen schaffen.

Eine Kommunikation auf Augenhöhe bedeutet die Sprache des Lesers zu sprechen. Fachliche Details, genaue Zahlen und Hintergrundinformationen gibt es im Geschäftsbericht zur Genüge. Der Aktionärsbrief hat die Aufgabe zu überzeugen, zu begeistern und vertrauensbildend zu wirken.

Eine auf den Leser ausgerichtete, moderne und vor allem verständliche Sprache steigert den Wirkungsgrad von Kommunikation. Hier haben Unternehmenslenker und Entscheider die Chance, mit relativ einfachen Mitteln eine grosse Wirkung zu erzielen. Spätestens im nächsten Jahr, zur Veröffentlichung des Geschäftsberichts 2016, haben die DAX- und SMI-Unternehmen wieder die Gelegenheit, neben den betriebswirtschaftlichen Werten auch die Sprach-Werte auf dem Index empor klettern zu lassen.

Infos zur Studie

Die Studie zur Verständlichkeit ist ein Gemeinschaftsprojekt von der Universität Hohenheim, H&H Communication Lab, CLS Communication und dem Center for Corporate Reporting (CCR). Analysiert wurden die deutschsprachigen Aktionärsbriefe der Geschäftsberichte 2015 der DAX-30-Unternehmen und der Top-20-SMI-Unternehmen. Eine zusammenfassende Bewertung der formalen Verständlichkeit liefert der Hohenheimer Verständlichkeits-Index (HIX). Der Index fasst verschiedene der genannten Texteigenschaften zusammen und berechnet daraus einen Verständlichkeitswert auf einer Skala von 0 bis 20. Ein Wert von 0 Punkten steht für «sehr schwer verständlich» und ein Text mit dem Wert von 20 gilt als «sehr einfach verständlich».

Die Studie können Sie bestellen unter: info@corporate-reporting.com

Autoren

Prof. Dr. Frank Brettschneider ist  Inhaber des Lehrstuhls für Kommunikationswissenschaft der Universität HohenheimOliver Haug ist Geschäftsführer, H&H Communication Lab. Elke Faundez ist Managing Director, CLS Communication und Dr. Kristin Köhler ist Geschäftsführerin des Center for Corporate Reporting (CCR).

Der Artikel ist eine Vorabveröffentlichung aus dem aktuellen GoingPublic Magazins, das kommende Woche erscheint.

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