Der 2001er Einbruch von rund 30 % bei den Halbleiterumsätzen war der empfindlichste in der noch jungen Geschichte. Nach dem Jahr 2000 war der Glaube an einen ganz neuen, viel länger oder gar ewig andauernden Zyklus extrem stark ausgeprägt. Das einerseits, andererseits aber auch der generelle Glaube an eine New Economy, die es eigentlich nie wirklich gab, vernebelten die Sinne, wie wir heute wissen.

Nach dem Aufschwung des Jahres 2000 schienen die Firmenlenker aus der vorangegangenen Abschwungphase nicht viel gelernt zu haben. Dabei ist der Ablauf doch immer der gleiche. Mehr und mehr Fabriken werden aus dem Boden gestampft, bis schließlich ein Überangebot den Markt unter Wasser setzt und die Preise soweit in den Keller drückt, daß diejenigen, die zuvor kräftig investiert hatten, nun plötzlich restrukturieren müssen.

Das Ausmaß, mit dem Analysten und Prognostiker in den vergangenen Monaten daneben lagen, wenn sie wieder und wieder den Boden in der Branche gesehen haben wollten, ist gleichfalls erschreckend. Kaum jemand hat das besondere Charakteristikum des letzten Abschwungs richtig erkannt. Ein verheerendes ökonomisches Umfeld, eine nicht realisierte Sättigung des PC-Marktes (und des Mobilfunk-Marktes übrigens auch) und die aufgebauten globalen Überkapazitäten trafen im Jahr 2001 wie bei einem Wellenkamm aufeinander. Das Resultat ist bekannt.

Wenn der Abschwung schon nicht lehrbuchmäßig verlief, muß auch der antizipierte Zyklus des Wieder-Aufschwungs in Frage gestellt werden. Die völlig unterschiedlichen Prognosen der verschiedenen Branchenverbände sprechen eine deutliche Sprache – oder vielmehr genau das Gegenteil. Während Semico Research mit einem kapitalen Aufschwung der Umsätze um ca. 20 % im laufenden Jahr rechnet, geht International Data Corp. sogar von einem weiteren Umsatzrückgang in Höhe von 4 % aus. Zwei weitere Institute liegen irgendwo dazwischen. VLSI Research hingegen erwartet sogar ein neuerlich saftiges Minus von 19 % im Basisszenario.

In den letzten 40 Jahren verzeichnete die Halbleitersparte ein jährliches Wachstum von durchschnittlich 17 %. Neue Beobachtungen sprechen allerdings dafür, daß dieser Wachstumspfad in den nächsten Jahren keine Gültigkeit mehr besitzt und statt dessen von deutlich moderateren 9 bis 11 % Wachstum p.a. abgelöst werden dürfte. Diese erheblich niedrigeren Wachstumsaussichten müssen sowohl von den Unternehmenslenkern (anläßlich ihrer neuerlichen Spar- und Neuinvestitionsrunde) als auch von perma-technophilen Anlegern (mit ihrer fortwährenden Angst, den „Boden“ zu verpassen) erst noch hinreichend realisiert werden.

Die GoingPublic Kolumne erscheint jeweils montags, mittwochs und freitags in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

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