Wenn sich am Dienstag die Aktionäre der Baumarktkette Praktiker zur Hauptversammlung treffen, werden einige lange Gesichter zu sehen sein. Nicht etwa, weil Großaktionärin METRO die Streubesitzaktionäre in hohem Bogen aus der Gesellschaft herauswirft. Die Trauer unter den letzten Miteigentümern könnte sich, sofern es nicht Solidarität mit den hochwassergepeinigten Mitbürgern an Elbe, Donau etc. ist, auf den Verlust einer gerade jetzt besonders aussichtsreichen Aktie beziehen, denn Baumärkte dürften ab sofort eine Sonderkonjunktur erleben. Ebenso Hoch- und Tiefbaubetriebe, Hersteller von Möbeln, Haushaltsgütern, Reinigungsgeräten und ähnliche. Die Schlammwüste will schließlich wieder bewohnbar gemacht werden.

Auch viele Versicherungen werden aufatmen, daß sie in Hochwassergebieten keine Risiken versichert haben, die sie jetzt viel Geld kosten würden. Banken werden aufatmen, weil sie einen Anlaß mehr haben, einst durch Immobilien besicherte Kredite massiv zu verteuern und/oder fällig zu stellen, weil das Sicherungsgut – sachlich ausgedrückt – einen dramatischen Wertverlust erlitten hat. Manches Unternehmen, beispielsweise aus der chemischen Industrie, könnte die Jahrhundertspülung des Betriebsgeländes dazu nutzen, ohne Altlasten im Zuge der Aufräumungsarbeiten fällige Modernisierungen anzugehen. In der Krise liegt auch immer die Chance.

Doch zurück zur Börse: Die Charttechniker und Jungbörsianer mit weniger als einen Wirtschaftszyklus umfassenden Erfahrungsschatz – so wie’s aussieht, wohl die allermeisten – haben wieder etwas gelernt oder bestätigt bekommen: Wo große Massen in Bewegung geraten, lassen sich Wirkungen nur schwer vorhersagen oder gar nach Zeitpunkt und Ausmaß beziffern.

Wann wird ein Emittent Calls und Puts auf Pegelstände herausbringen? Immerhin könnten flußnahe Anwohner wenigstens ihren materiellen Schaden durch einen Pegel-Schein absichern: Wenn mir bei 8 Metern der Keller volläuft, kann ich die Renovierung locker bezahlen, denn meine 7-Meter-Calls sind massiv im Geld. Landwirte könnten sich mit Puts gegen die Folgen extrem niedriger Wasserstände absichern. Ein Vorteil für alle: Der Basiswert ist an den Fälligkeitstagen nur sehr schwer zu manipulieren. Utopie? Wohl kaum. Denn Hedging gegen Wetterphänomene gibt es schon längst.

Die GoingPublic Kolumne erscheint jeweils montags, mittwochs und freitags in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

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