Diese sollen die Kurse der Aktien von mehr als 30 Unternehmen vor allem über das Medium manipuliert haben, welches sich am allerbesten dazu eignet: das Internet. Dadurch seien unzählige Anleger zum Kauf von angeblich zukunftsträchtigen Wertpapieren zu völlig überhöhten Preisen verlockt worden. Der Schaden wird auf 50 Mio. US-$ beziffert. Das Geflecht der kriminellen Vereinigung reichte von einigen bekannten New Yorker Familien bis hinunter zu Brokerfirmen, die teils freiwillig, teils unter Druck, wertlose Aktien „pushten“. Wer sich dennoch weigerte, sah sich Gewaltandrohungen und Erpressungen gegenüber. Daß es zu keinem Mord kam, war dabei lediglich auf die „Kooperationsbereitschaft“ einiger Broker zurückzuführen, wie die New Yorker Ermittlungsbeamten wissen ließen.

Im Zeitalter des Internet hatte man kein allzu schweres Spiel. Einige Unternehmen wurden fälschlicherweise als Dotcoms bezeichnet, um die Werte entsprechend zu kapitalisieren. Im Rahmen der Untersuchungen wurden jetzt auch zwei US-Unternehmen vom Handel suspendiert, die von der kriminellen Vereinigung als die neuesten e-Commerce-Wunder angepriesen worden waren.

Warnex Holdings, mittlerweile mit einer Marktkapitalisierung von 184 Mio. US-$, wurde die Entwicklung eines alternativen Tradingsystems zugeschrieben, welches Kunden direkt miteinander verbinden sollte. Wie sich herausstellte, hat Warnex zu keinem Zeitpunkte derartige Pläne gehabt oder die Zulassung dafür beantragt. Den Unternehmern wird vorgeworfen, diesbezügliche Vorhaben als Telefon-News verbreitet zu haben, die den Aktienkurs von 1 US-$ im Dezember auf bis zu 20 US-$ im Februar haben explodieren lassen.

Das Unternehmen E-Pawn, welches als ein Webseiten- und e-Commerce-Software-Entwickler bezeichnet und mit 198 Mio. US-$ bewertet wurde, wird kontrolliert von einem der Beschuldigten. Jemand aus der Führungsetage von E-Pawn wird angeklagt, eine Million der Aktien benutzt zu haben, um damit Broker zu bestechen, den Preis hochzutreiben. Ein bekannter Kreislauf, der da in Gang gesetzt wurde.

Das FBI durchschaute die illegalen Praktiken, nachdem man rund 1.000 Stunden Audio-Mitschnitte bei DMN Capital heimlich angefertigt hatte. Dieses Unternehmen wurde dazu benutzt, zahlreiche New Yorker Brokerfirmen zu infiltrieren und zu bestechen, bei den kriminellen Plänen mitzumischen.

Das illegale Netzwerk erstreckte sich aber auch auf Pensions-Fonds, aus denen Gelder zur Verwaltung abflossen, so daß anschließende Entnahmen unter der Hand stattfinden konnten ohne aufzufallen. Daß sogar ein inzwischen pensionierter New Yorker Kriminalbeamter mit von der Partie war, muß fairerweise als klug bezeichnet werden. Er steuerte seinerseits einige Entnahmen aus dem New Yorker Polizeifonds bei. Der kriminellen Vereinigung ließ er gütigerweise Informationen über vertrauliche Ermittlungsmaßnahmen zukommen, so daß diese dann polizeilichen Maßnahmen meistens einen Schritt voraus sein konnte.

Dieser Betrugsfall ist beileibe nicht der erste in den Staaten. Vor einem Jahr schon ermittelte die Staatsanwaltschaft gegen 85 Personen, die ebenfalls ein weitverzweigtes Schema zum organisierten Betrug mit Wertpapiergeschäften entwickelt hatten. Auch da handelte es sich um das „Pushen“ wertloser Aktien bei Tausenden von Investoren, was am Ende einen Schaden von 100 Mio. US-$ hervorgerufen hatte. Vor genau einem Jahr wurde darüber hinaus ein Vertrauter der bekannten New Yorker Bonanno-Familie für acht Jahre hinter Gitter geschickt. Auch er war an einem kriminellen Netzwerk beteiligt, welches Wall Street Broker gezwungen hatte, die Aktien eines Unternehmens aus Arizona anzupreisen.

So kriminell sich diese Nachrichten auch anhören mögen, so haben sie auch ihr Gutes. Was viele leidgeprüfte Anleger auf dem alten Land natürlich längst wissen, sollten vielleicht auch die teilweise übermäßig fortschrittsgläubigen amerikanischen Anleger vergegenwärtigen: Traue keinen „heißen“ Tips! Weder von deinem Nachbarn in der Straßenbahn noch von deinem Broker.

Die GoingPublic-Kolumne erscheint börsentäglich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

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