Gesundheitsreform, Geburtenrückgang, Elbe-Hochwasser, Vogelgrippe – das sind ja nun wirklich reichlich marginale Randnotizen angesichts der Brisanz des Duells der Keeper. Abgründe tun sich auf, Verschwörungen, Machtspiele à la Macchiavelli (nein, der kickt nicht beim AC Mailand). Jedenfalls wenn man Bayern-Manager Uli Hoeneß glaubt. Wobei gerade er am besten wissen müßte, daß sich Trainer durchaus irren können. Zum Beispiel bei der Auswahl von Schützen für Elfmeterschießen.

Unglaublich: Da eiert die Republik noch immer deutlich neben dem klaren Wachstumspfad herum, werden Probleme nicht nur nicht gelöst, sondern gar nicht erst angegangen – und selbst seriöse Tageszeitungen und Online-Dienste widmen der T-Frage Aufmacher. Und verschwenden jede Menge Platz und Sendezeit, um Koryphäen wie Lothar Matthäus zu Wort kommen zu lassen, wo doch schon das Hinhalten eines Mikrophons in Richtung Rekordnationalspieler per se eine Verletzung der journalistischen Sorgfaltspflicht darstellt. Schön, daß wir keine anderen Sorgen haben.

Für die kommenden Wochen und Monate lassen die Aufgeregtheiten nicht Gutes erahnen. Die Fußball-WM soll den Aufschwung befördern? Vielleicht, aber es lauern mannigfaltige Gefahren: Fürchterlich beflissene Sportreporter werden die werktätige Bevölkerung mit den immer gleichen Fragen zu Glücksgefühlen nach dem erfolgreichen Torschuß von der Arbeit abhalten, unterstützt von Kickern, die jede Antwort mit einem „Ich sag mal“ beginnen, um so Zeit für eine Antwort zu erhalten, die den Anforderungen der deutschen Grammatik hinreichend gerecht wird. Stundenlange Slow-Motion-Einspielungen und nächtens tagende Expertenrunden tun ein Übriges, um Fehlzeiten hochschießen und die Produktivität abstürzen zu lassen.

Dabei kann die Berichterstattung von den Geschehnissen doch so einfach sein. Seit Horst Hrubesch weiß man, daß fünf Worte reichen, um ein Tor zu beschreiben: „Manni Bananenflanke, ich Kopf, Tor.“ Na bitte, so geht’s doch, so wird das dann auch was mit dem deutschen Aufschwung. Und wer im Kasten steht – das ist dann völlig egal.

Stefan Preuß

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