Reduzierung der Publizitätspflichten

Die Reduzierung von Publizitätspflichten wird in der Literatur als ein wesentliches Motiv für ein Delisting betrachtet. Unternehmen sind durch die Börsennotierung umfangreichen kapitalmarktrechtlichen Verhaltens- und Publizitätspflichten ausgesetzt, die Wettbewerbern und Lieferanten ein Bild über die Finanzlage sowie den Geschäftsverlauf des Unternehmens ermöglichen, das sie zu ihrem Vorteil nutzen könn(t)en. In der Praxis ist dies jedoch für den Großteil der Unternehmen kein ausreichender Grund für einen Abschied von der Börse.

Kostenfaktor Börsennotierung

Die mit einer Börsennotierung anfallenden direkten Listing-Kosten liegen für ein mittelgroßes Unternehmen bei bis zu 500 TEUR.[3] Mit durchschnittlich ca. 234 TEUR nehmen sie einen gewichtigen Anteil im Kostenpool der Unternehmen ein, sodass bei kleinen bis mittelgroßen deutschen Aktiengesellschaften durchaus der Anreiz besteht, diese direkten Listing-Kosten einzusparen.[4] Darüber hinaus fallen auch indirekte Aufwendungen in Form von Opportunitätskosten an. Diese sind jedoch schwer quantifizierbar.

Flexibilitätsgewinn durch Ausschluss von Minderheitsaktionären

Ein Großteil der deutschen Unternehmen bewertet den gezielten Einfluss von Minderheitsaktionären als störend. Verliert diese Minderheit ihr Mitspracherecht, gewinnt die Firma an Kontrolle und Flexibilität. Sie kann sich schneller an veränderte wirtschaftliche Rahmenbedingungen anpassen, was ein gewichtiges Argument für ein Delisting darstellt.

Im Einzelfall ausschlaggebende sonstige Motive

Neben den bereits aufgeführten Gründen sind im Einzelfall unterschiedliche Motive für ein Going Private ausschlaggebend: So plant eine Mehrzahl deutscher Unternehmen im Anschluss an das Delisting eine Restrukturierung.[5] Dabei ist gerade für Investoren die Neuausrichtung unter Ausschluss der Öffentlichkeit ein sehr wichtiger Grund für ein Delisting. Zu vernachlässigen sind hingegen die Realisierung unausgeschöpfter Wertpotentiale, steuerliche Anreize des „Step-up“-Verfahrens sowie eine Implementierung anreizkompatibler Vergütungssysteme.

Fazit

Seit Mitte der 1990er Jahre hat das Delisting in Deutschland immer mehr an Bedeutung gewonnen. Dabei zeigt sich, dass mit einem Börsenabgang in erster Linie angestrebt wird, durch den Ausschluss von Minderheitsaktionären die alleinige Kontrolle über das Unternehmen zurückzuerlangen. Des Weiteren spielen bei der Entscheidung zum Delisting Kosten-Nutzen-Überlegungen der Börsennotierung eine große Rolle. Gerade bei kleinen sowie mittleren Gesellschaften stehen die direkten Listing-Kosten und erhöhten Publizitätsanforderungen unter geänderten Rahmenbedingungen in keinem Verhältnis zum Nutzen einer Börsennotierung. In der Praxis treten auch andere Motive auf, die im Einzelfall ausschlaggebend sein können, jedoch in der Regel eine eher untergeordnete Rolle für das Delisting spielen.


[1]              Vgl. Ad-hoc-Meldung nach § 15 WpHG der Douglas Holding AG vom 07.12.2012.

[2]     Vgl. Eisele, F. (2006), a.a.O. (FN 1), S. 105 f.

[3]     Vgl. Bösl, K. (2009): Kosten des Börsengangs, in: Finanz Betrieb, o.J., 2009, Nr. 11, S. 623 f.; Wengert, G. / Wittmann, A. / Wengert, S. (2001): Kosten und Folgekosten beim Börsengang eines mittelständischen Unternehmens, in: CH-D Wirtschaft, o.J., 2001, Nr. 05, S. 31 f.; Zillmer, P. (2003): Going Private – Der freiwillige Börsenrückzug in Deutschland, Diss., Wiesbaden 2003, S. 86.

[4]     Vgl. Eisele, F. (2006), a.a.O. (FN 1), S. 113.

[5]     Vgl. Eisele, F. (2006), a.a.O. (FN 1), S. 111.

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