Bildnachweis: © stock.adobe.com, ©Song_about_summer – stock.adobe.com.

Wealth Manager müssen heute den permanenten Wandel reflektieren und sich verstärkt Gedanken darüber machen, wie sie ihr Unternehmen nachhaltig aufstellen können. Ein Überblick über die wichtigsten Aspekte und Lösungsansätze dazu. 

Die zunehmende Komplexität der Richtlinien bringt steigende Kosten für die Compliance mit sich. Die Bedrohung durch Cyberangriffe ist ein dauerhaftes Problem, da die Vermögensverwalter nicht nur über erhebliche Finanzmittel verfügen, sondern auch über ein Füllhorn sensibler Daten. Der intensive Wettbewerb in der Branche erfordert von ihnen ständige Innovationen und Anpassungen, um relevant zu bleiben und sich von einer wachsenden Zahl von Mitbewerbern abzuheben.

Dies konfrontiert die Vermögensverwalter mit vielen grundlegenden Herausforderungen. Aber: sie sind überwindbar. In diesem Beitrag werfen wir einen Blick auf die Herausforderungen selbst und die Frage, wie Vermögensverwalter eine Grundlage für ihre Wettbewerbsfähigkeit schaffen können.

Zunehmende Kosten der Regulierung

Die Regulierung ist ein zentraler Punkt, mit dem sich Wealth Manager sowohl hinsichtlich der Compliance als auch Kosten beschäftigen. Da bei ihnen eine Vielzahl von Datenquellen zusammenlaufen, aus denen sie Erkenntnisse über Kunden, Anlagen und Unternehmen gewinnen können, werden auch die Anforderungen der Aufsichtsbehörden zum Schutz der Daten immer umfangreicher. Dieser Trend wird sich auch in Zukunft fortsetzen, da die Aufsichtsbehörden ihre Richtlinien ständig vertiefen und zudem permanent neue erlassen. Für die Manager bedeutet dies einen ständigen Mehraufwand für die Einhaltung der Richtlinien.

So bedingt die Zunahme verhaltensorientierter Regulierungsansätze einen Anstieg der Nachfrage nach Daten, die in der Vergangenheit nicht erforderlich waren. Ein Blick auf die Verordnungen über Märkte für Finanzinstrumente (MiFIR) und die zweite Richtlinie über Märkte und Finanzdienstleistungen (MiFiD II) genügt, um die Vielzahl der Datenpunkte zu erkennen, die zur Identifizierung der Finanzinstrumente aller an einem Geschäft beteiligten Parteien und des Handelsplatzes erforderlich sind.

Der regulatorische Wandel hat auch dazu geführt, dass die Unternehmen heute transparenter machen müssen, was sie ihren Kunden in Rechnung stellen, und dass die Manager ihren Kunden mindestens vierteljährlich Bericht erstatten müssen. Hinzu kommt, dass mit dem Wachstum des Umwelt-, Sozial- und Governance-Sektors (ESG) auch die Vorschriften für diese Standards zunehmen werden. Folglich müssen Verwalter künftig noch mehr Daten liefern, um die Compliance-Anforderungen zu erfüllen.

In diesem komplexen Umfeld kann sich der Einsatz intelligenter Technologien lohnen. Sie verbessern die Datenqualität, die Datenverwaltung und ermöglichen Unternehmen zudem eine Automatisierung vieler Prozesse. Zusätzlich stärken intelligente Technologien durch analytische Fähigkeiten das allgemeine Marktverständnis. RegTech-Lösungen und Business Process Management (BPM)-Plattformen, die Technologien wie die robotergestützte Prozessautomatisierung (RPA) einsetzen, sind hier von Nutzen. Sie steigern die Effizienz, indem sie dabei helfen, regulatorische und kundenbezogene Berichte und andere Prozesse zu automatisieren. Dadurch sparen Manager Zeit und zugleich wird die Einhaltung von Vorschriften gewährleistet.

„Das Schiff sichern“: Cybersicherheit

Das nächste größere Thema ist die Cybersicherheit. Schätzungen zufolge wird der Wealth Management- und Asset-Management-Sektor bis 2025 einen Gesamtwert von 145 Billionen Dollar erzielen, was ihn zu einem attraktiven Ziel für Kriminelle macht. Vorfälle – etwa im Bereich der Kryptoassets – machen immer wieder von sich Reden. Zu beachten ist ferner, dass die Branche mit hochsensiblen, persönlichen Daten arbeitet.

Die zunehmende Remote Arbeit, die seit Covid19 insgesamt Verbreitung gefunden hat, hat sich zum beliebten Einfallstor bei Cyberkriminellen gemausert. Die hier entstehenden Sicherheitslücken bedeuten für die Verwalter immense Risiken in puncto Kundeneinlagen und Datenverwaltung. Somit wird die Aufrechterhaltung der Integrität der Verbindungen zwischen den Büros und den Privatwohnungen für die Manager von größter Bedeutung.

In diesem von zahlreichen Bedrohungen geprägten Umfeld können Wealth Manager von drei sich ergänzenden Hauptansätzen profitieren: dem menschlichen, dem prozessbezogenen und dem technischen Ansatz. Der menschliche Ansatz beinhaltet die Schulung der Mitarbeiter in Sachen Cyber-Hygiene, denn der einzelne Mitarbeiter ist meist das Hauptziel für Phishing-, Ransomware- und BEC-Angriffe (Business Email Compromise), bei denen die Akteure echte Personen imitieren, um Mitarbeiter dazu zu bringen, Zahlungen auf von ihnen kontrollierte Konten zu überweisen. Die Mitarbeiter sollten kontinuierlich geschult werden, damit sie über die neuesten Sicherheitsbedrohungen informiert sind. Im letzten Jahr etwa gewann das Thema Deepfakes deutlich an Aufmerksamkeit. Hier ist es entscheidend, Mitarbeiter für etwaige Gefahren zu sensibilisieren.

Eine wesentliche Umstellung auf dem Weg zu mehr Effizienz und Cybersicherheit ist es, keine Dateien mehr manuell hochzuladen, sich weniger auf Excel zu verlassen und Software-as-a-Service-Anbieter (SaaS) zu nutzen. Zu Excel ist zu sagen, dass damit Tabellenkalkulationen nicht verschlüsselt werden können, was zu weiteren Sicherheitslücken führen kann. Außerdem enthalten über 75 % der Tabellenkalkulationen Fehler, durch die manuelle Dateneingabe der Mitarbeiter.

SaaS-Anbieter bieten eine rationalisierte Datenverarbeitung, Automatisierung und verbesserte Sicherheit. Da viele von ihnen Cloud-basiert arbeiten, sollten Manager bedenken, dass die Cloud ihre eigenen Sicherheitsrisiken mit sich bringt: jedoch lassen sich einige dieser Risiken durch ein Upgrade der Verschlüsselung, effizientere Sicherheitssysteme und höhere Datensicherheitsstandards mildern. Damit ist auch im Falle eines Angriffs Resilienz gewährleistet. Für zusätzlichen Schutz können Unternehmen auch mit Cybersicherheitsspezialisten zusammenarbeiten.

Die dritte alltägliche Sorge ist der Wettbewerb

Die Digitalisierung im Bereich der Vermögensverwaltung führt zu einer zunehmenden Demokratisierung des Sektors. Einige spekulieren sogar, dass große Technologieunternehmen wie Google, Apple und Amazon in diesen Bereich einsteigen und das untere Ende des Marktes bedienen könnten. Diese Unternehmen kennen die Verbraucherbedürfnisse genau und wissen, wie sie die Technologie einsetzen können, um die Verbraucher für sich gewinnen zu können. Zudem sind sie möglicherweise sogar in der Lage, wesentlich günstigere Dienstleistungen anzubieten. Neobroker haben in den letzten Monaten die Branche der Retailanleger umgekrempelt und auch RoboAdvisor nagen derzeit an den Geschäftsmodellen etablierter Vermögensverwalter. Mehr denn je steht daher die Frage im Raum, wie man sich im Wettbewerb differenzieren kann.

Große Investmentbanken wie Goldman Sachs und Morgan Stanley haben Akquisitionen im Bereich Wealth-Tech getätigt. Höchstwahrscheinlich, um sich konsistente Einnahmequellen zu sichern, was im derzeitigen wirtschaftlichen Umfeld einer Verlangsamung der Investmentbanking-Aktivitäten aufgrund steigender Zinssätze noch wichtiger werden wird. Neben den Investmentbanken drängen auch Vermögensverwalter, Retailbanken und Versicherer in die Vermögensverwaltung und verschärften den Wettbewerb.

In diesem Wettbewerbsumfeld können sich die Wealth Manager durch eine stärkere Personalisierung wieder auf ihre Kunden konzentrieren. Dies kann durch eine Verbesserung des Technologieangebots erreicht werden, indem beispielsweise KI-Funktionen hinzugefügt werden, um bessere Erkenntnisse aus Daten zu gewinnen und den Kunden eine ganzheitliche Beratung zu bieten; im Gegensatz zu der üblicherweise angebotenen stückweisen Beratung.

Verwalter können darüber hinaus Wealth-Tech-Lösungen nutzen, um die Kunden besser in Anlageentscheidungen und den Handel einzubinden. Sie nutzen ihre Expertise, ihre Trading-Erfahrung, ihr Wissen und ihre Verbindungen als Wettbewerbsvorteil gegenüber neueren, rein digitalen Konkurrenten. Im Bereich der digitalen Beratung bietet der Einsatz von Robo-Advisors neben den traditionellen Kanälen den Unternehmen auch bessere Möglichkeiten, Kunden anzusprechen und die Konkurrenz abzuwehren. Dies ist wichtig, denn bei den Vermögensverwaltungskunden unter 45 Jahren ist laut einer McKinsey Studie die Akzeptanz digitaler Beratung von 43 % im Jahr 2018 auf 59 % im Jahr 2021 gestiegen. Die Digitalisierung ist an dieser Stelle der Schlüssel zu diesem neuen Kundensegment: Millennials und die Generation Z. Diese werden Billionen von ihren Eltern erben und sind digital zugleich sehr versiert, damit bringen sie die optimalen Voraussetzungen mit, auch durch neue Lösungen gebunden zu werden.

Langlebigkeit in einer sich ständig wandelnden Branche gewährleisten 

Die dreifache Bedrohung durch Compliance, Cybersicherheit und Wettbewerb mag sehr unterschiedlich erscheinen, aber im Kern geht es um die Qualität und Sicherheit von Daten. Wer langfristig im Geschäft bleiben will, braucht heute eine verbessere Übersicht und Kontrolle über ihre Organisationen. Das bedeutet, dass sie ihre Datenkapazitäten mithilfe von Technologie verbessern und schützen müssen.

Mehr Technologie führt oft zu höheren Kosten, was viele Manager zu dem Schluss führt, eine Konsolidierung sei der richtige Weg. Schließlich bedeuten steigende Kosten, dass sich Skaleneffekte einer größeren Organisation rechnen. Eine Regelung, die in der Regel größere, gut kapitalisierte Organisationen wie Investment- und Universalbanken begünstigt.

Dies muss jedoch nicht der Fall sein. Der wirksame Einsatz von Technologie ist nicht die Domäne der großen Unternehmen. Vielmehr muss der Schwerpunkt darauf liegen, wie die Manager ihre Technologien einsetzen, um sowohl für die Mitarbeiter als auch für die Kunden ein effizientes Nutzererlebnis zu schaffen. So können beispielsweise Manager, die Technologie in puncto Datenbeschaffung und -analyse für sich nutzen, Zeit für Verwaltungsaufgaben verkürzen und schließlich mehr Zeit damit verbringen, einen Mehrwert für den Kunden zu schaffen. Kunden hingegen, die leicht auf alle benötigten Informationen zu ihren Portfolios zugreifen und über mehrere Kanäle mit ihren Beratern interagieren können, werden bei ihren Unternehmen bleiben. Dieser Ansatz trägt wesentlich dazu bei, die Wettbewerbsfähigkeit in einer Branche zu sichern, die sich ständig im Umbruch befindet.

 

Autor/Autorin

Zlatko Vucecic

Zlatko Vucetic ist CEO beim Finanzdatenspezialisten Infront AS mit Hauptsitz in Oslo, Norwegen. Zur Gesellschaft gehört auch die frühere vwd Vereinigte Wirtschaftsdienste GmbH, die seit Februar 2020 als vwd Vereinigte Wirtschaftsdienste GmbH in Infront Financial Technology GmbH firmiert.