Nicht die Wünsche der Unternehmen, sondern Geldgeber, Investoren und damit die Märkte diktieren die Finanzierungschancen und -möglichkeiten. In volatilen Kapitalmarktzeiten benötigen Firmen eine umfassende und vorbereitete Palette möglicher Finanzierungsinstrumente, um diese flexibel und zeitnah bei sich bietenden strategischen Optionen nutzen zu können.

Volatile Märkte

Das Jahr 2012 – auch wenn gerade erst acht Monate vergangen sind – brachte für die deutschsprachigen Kapitalmärkte mehr abgesagte als durchgeführte Börsengänge. Zu volatil zeigten sich die Märkte und zu risikoavers die Investoren, dass sich Unternehmen an den Kapitalmarkt wagten. Auch die Bondmärkte erlaubten, trotz attraktiver Kupons, nicht jedem Emissionswilligen den Zugang.Für erfolgreiche Finanzierungen – sei es über den traditionellen Bankkredit oder über die Kapitalmärkte – haben sich Unternehmen auf Mittelsuche sorgfältig vorzubereiten. Dies fängt bei der optimalen Bilanz- und Finanzierungsstruktur an. Dabei hat die Finanzierung dem operativen Geschäftsmodell Rechnung zu tragen. Ein niedriges Risikoprofil und stabile Margen aus dem operativen Geschäft erlauben günstige Finanzierungen über Fremdkapital. Ein höheres Risikoprofil und eine volatilere Ertragskraft verlangen dagegen eher nach Eigenkapital oder eigenkapitalähnlichen Instrumenten. Die Sicherheit und Visibilität der Ertragslage ist entscheidend für die Deckung der Kapitalkosten und damit bei der Wahl der Instrumente.Nach der Analyse der eigenen Bilanzsituation und der Finanzierungsmöglichkeiten steht als nächster Schritt die Vorbereitung der möglichen Mittelaufnahmen und der entsprechenden Produkte und Strategien im Mittelpunkt.

Restriktive Banken

Auf der Fremdkapitalseite stellen für viele Unternehmen der klassische Bankkredit und entsprechende Kreditlinien die Basis dar. Sie dienen beispielsweise zur Finanzierung von Working Capital und kurzfristigen Investitionen sowie für Akquisitions(zwischen)finanzierungen. Die Ausschöpfung bereitgestellter Mittel ist mit geringer Vorlaufzeit möglich. Die langfristige Refinanzierung kann später über den Kapitalmarkt erfolgen. Günstige Finanzierungskonditionen sind über die Besicherung von projektorientierten Finanzierungen durch Cashflows der Projekte oder Objekte zu erhalten. Generell ist zu beachten, dass die Banken bei der Kreditvergabe zunehmend restriktiver vorgehen werden. Teilweise sind sie durch verschärfte Eigenkapitalvorgaben wie durch die Basel III-Regelungen oder die Anforderungen der europäischen Bankenaufsicht quasi gezwungen, die risikobehafteten Aktiva – und das ist normalerweise der Kredit – zu reduzieren. Noch deutlicher ist dies bei Banken, die in Schieflage geraten waren und denen die Europäische Kommission eine drastische Schrumpfkur verordnet hat. Es gilt, Alternativen zu sichern und sich Instrumente wie Factoring- und Leasing-Transaktionen genauer anzusehen, ob sie für das eigene Unternehmen passen könnten.

Der Virtuose, der die Klaviatur der Kapitalinstrumente und -märkte perfekt beherrscht, wird auch bei der Unternehmensfinanzierung Erfolg haben. Foto: PantherMedia / Basketman23

Kapitalmarkt- und kapitalmarktnahe Finanzierungsinstrumente

Zusätzlich bietet der Kapitalmarkt neben dem klassischen Bankkredit eine Fülle an Finanzierungsmöglichkeiten und -produkten. Ein großer Vorteil liegt in der Diversifikation der Investorenbasis. Das Rückzahlungsprofil – mit festen Kupons und endfälligem Kapitalbetrag – eignet sich insbesondere für Unternehmen mit stabiler und kontinuierlich starker Ertragslage. Interessante Möglichkeiten gibt es für Firmen, die vorhandene Vermögensgegenstände in die Finanzierungsstruktur integrieren können und sogenannte Asset-Based-Emissionen begeben können.Unternehmen stehen zahlreiche Instrumente zur Mittelaufnahme zur Verfügung. Der einfachste Weg ist die Begebung eines Schuldscheins mit Laufzeiten von drei bis sieben Jahren. Dieser richtet sich überwiegend an regional tätige Banken wie z.B. Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken, die damit – ohne ihr Regionalprinzip zu verletzen – ihr Kreditgeschäft geografisch und branchenmäßig diversifizieren können. Aber auch institutionelle Investoren wie bspw. Versicherungen, Pensionskassen und Bausparkassen kommen bei bonitätsstarken Adressen als Investoren infrage. Hierzu ist in der Regel kein externes Rating einer anerkannten Agentur nötig.Anspruchsvoller, aber weitaus interessanter ist die Begebung eines lange laufenden Schuldscheins, der bei Versicherungen untergebracht werden soll. Der große Vorteil ist der Erhalt lange laufender Finanzierungsmittel, was gerade in Niedrigzinsphasen wie diesen attraktive Konditionen ermöglicht. Bisher ist die Zahl der in die Assetklasse der Unternehmensschuldscheine investierenden Versicherungen noch überschaubar. Da Versicherungen kaum noch in die bisher so beliebte Klasse der Bank-Schuldscheine investieren, besteht automatisch hoher Wiederanlagebedarf und der Erwerb lange laufender Unternehmensschuldscheine stellt eine attraktive Alternative dar. Ein ähnliches Angebot, nämlich langfristige Finanzierungsmittel, stellen US-amerikanische Versicherungen über sogenannte US-Private Placements zur Verfügung.

Königsdisziplin Anleihe

Die Königsdisziplin der Fremdkapitalemission ist die Begebung einer öffentlichen Anleihe. Die Vorbereitungsarbeiten, vor allem die Prospekterstellung zur Börseneinführung etc., sind umfangreich, aber letztendlich lohnenswert – besonders dann, wenn größerer Fremdkapitalbedarf besteht. Für größere Anleihen, die sich an institutionelle Anleger wenden, sind ein Mindestvolumen von 100 Mio. EUR und die Bewertung durch eine internationale Ratingagentur empfehlenswert. Aber auch für kleinere Anleiheemissionen hat sich mittlerweile ein Emissionsmarkt gebildet, der sich aktuell noch in der Entwicklungsphase befindet und somit auch mittelständischen Unternehmen den Weg an den Kapitalmarkt ermöglicht.

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