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Berichtspflichten nach dem Börsengang

IPO-Kandidaten beschreiben ihre ESG-Strategie im Börsenprospekt regelmäßig im Kapitel „Business“. in jüngster Zeit haben einige Emittenten zusätzlich einen umfassenderen Sustainability-Bericht kurz vor ihrem Börsengang veröffentlicht(10). Sie unterstützen damit nicht nur ihre Equity Story im IPO, sondern signalisieren zudem eine gute Vorbereitung auf die verpflichtende Berichterstattung im Kapitalmarkt.

Nach dem IPO verlangt das CSR-RUG (11) Angaben zur Nachhaltigkeit im Rahmen des Lageberichts (nichtfinanzielle Erklärung) oder in einem separaten nichtfinanziellen Bericht. Mindestens aufzunehmen sind – neben einer kurzen Beschreibung des Geschäftsmodells – unternehmensspezifische Informationen zu Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelangen sowie zur Achtung der Menschenrechte und der Bekämpfung von Korruption und Bestechung. Des Weiteren ist auf Risiken einzugehen, soweit diese „sehr wahrscheinlich schwerwiegende negative Auswirkungen“ auf einen der vorgenannten Aspekte haben, sowie auf die bedeutsamsten nichtfinanziellen Leistungsindikatoren für die Geschäftstätigkeit(12).

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Mit der im Juli 2020 in Kraft getretenen EU-Taxonomie-Verordnung müssen Unternehmen, die der Berichtspflicht nach CSR-RUG unterliegen, zusätzliche Angaben machen, wie und in welchem Umfang ihre Tätigkeiten als ökologisch nachhaltig einzustufen sind. Auszuweisen sind „grüne“ Umsatzerlöse, Investitionen (Capex) und Betriebsausgaben (Opex). Die Taxonomie liefert ein komplexes und umfangreiches Klassifizierungssystem zur Bestimmung von „grünen“ Wirtschaftstätigkeiten, die sechs Umweltziele unterstützen,(13) und ist eine der zentralen Maßnahmen zur Erreichung der Ziele des „European Green Deal“.

In den vergangenen Jahren wuchs die Kritik von Investoren und anderen Stakeholdern, die von Unternehmen berichteten Informationen seien wenig relevant, häufig nicht verlässlich sowie in den seltensten Fällen vergleichbar und damit nicht geeignet, ESG-Risiken ausreichend zu berücksichtigen. Nicht zuletzt seien zu wenige Unternehmen von der Berichtspflicht betroffen. Im Rahmen eines größeren Maßnahmenpakets hat die EU-Kommission diese Kritikpunkte im April 2021 adressiert(14). Neben einem Wegfall der Größenkriterien für im regulierten Markt notierte Unternehmen sollen auch private Großunternehmen von der Berichtspflicht erfasst werden(15). Ausgeweitet werden zudem die inhaltlichen Anforderungen an den Nachhaltigkeitsbericht, der verpflichtender Bestandteil des Lageberichts wird und inhaltlich einer externen Prüfungspflicht (Limited Assurance) unterliegt. Die in bereits zwei Jahren greifenden Veränderungen verdeutlichen die Notwendigkeit, sich auch als IPO-Kandidat frühzeitig mit Fragen der Verfügbarkeit, Qualität und Belastbarkeit relevanter Daten und Informationen auseinanderzusetzen.

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Außerhalb der heute bereits verpflichtenden Berichterstattung legen wir Emittenten auch nahe, sich mit den Empfehlungen der TCFD (16) zur Klimaberichterstattung vertraut zu machen. Zum einen fordern große Kapitalmarktinvestoren eine solche Berichterstattung zu den Risiken und Chancen des Klimawandels für Unternehmen seit Längerem (17), zum anderen steigt die Anzahl der Länder, die solches Reporting verpflichtend machen oder dies erwägen. In der EU werden die TCFD-Empfehlungen bei der Erweiterung der Berichtsanforderungen durch die CSRD eine entscheidende Rolle spielen.

Fazit

Tatsächlich besteht bislang keine rechtliche oder regulatorische Verpflichtung, das Thema Sustainability oder die ESG-Aspekte beim Börsengang auch nur in irgendeiner Weise zu adressieren. Jedoch wird eine Unterschätzung der Bedeutung von ESG im IPO Fragen über die Fähigkeit eines Managements aufwerfen, relevante Risiken effektiv zu identifizieren und zu managen oder Chancen zu nutzen.

Vielmehr sind eine authentische Strategie zu den materiellen ESG-Themen mit dem Nachweis konsequenter Bemühungen und belegbarer Fortschritte unverzichtbar für den IPO-Erfolg geworden. Unsere vorgeschlagene Herangehensweise liefert einen strukturierten Rahmen für den Aufbau einer überzeugenden ESG-Positionierung als Kernelement der Equity Story und schafft die Grundlage für die Bewältigung der Herausforderungen verpflichtender Berichterstattung im Kapitalmarkt – mit positiver Wirkung auf die IPO-Bewertung und den langfristigen Marktwert.

Zu den Autoren:

Carsten Stäcker ist seit 2017 Partner bei PwC und Leiter Equity Advisory. Er begleitet Unternehmen bei der Vorbereitung, Strukturierung und Durchführung komplexer Kapitalmarkttransaktionen. Zuvor war er 24 Jahre in leitenden Positionen bei der Deutschen Bank und der MainFirst Bank in London und Frankfurt in den Bereichen Corporate Finance und Equity Capital Markets tätig. Als verantwortlicher Banker oder Berater hat Stäcker mehr als 50 Börsengänge und Aktientransaktionen verantwortet. Darüber hinaus verfügt er über umfangreiches Wissen im Bereich ESG und berät Unternehmens- und Private-Equity-Kunden zur ESG-Strategie und Positionierung am Kapitalmarkt.

Nadine Gehrke ist Wirtschaftsprüferin und Steuerberaterin. Sie ist Managerin Capital Markets & Accounting Advisory Services bei PricewaterhouseCoopers GmbH WPG in Frankfurt.

Fußnoten:
(1)Cyrus Taraporevala, President & CEO von State Street Global Advisors, in der Financial Times vom 11. Juni 2019
(2)Morningstar, Inc,: Global Sustainable Fund Flows: Q1 2021 in Review
(3)https://www.pwc.lu/en/sustainable-finance/esg-report-the-growth-opportunity-of-the-century.html
(4)https://www.unpri.org/pri/about-the-pri, aufgerufen am 11. Juli 2021
(5)Beispielsweise Climate Action 100+ (https://www.climateaction100.org/), Net Zero Asset Managers Initiative (https://www.netzeroassetmanagers.org/) oder Net-Zero Asset Owner Alliance (https://www.unepfi.org/net-zero-alliance/)
(6)https://www.dirk.org/publikation/marktstudie-investoren-der-deutschland-ag-8-0/
(7)Für jede dieser fünf Stufen, die hier lediglich zusammenfassend angesprochen werden können, verfügt PwC über detaillierte Vorgehensweisen sowie praxiserprobte Tools und Workshopformate.
(8)Die Global Reporting Initiative (https://www.globalreporting.org/) ist etablierter Anbieter von Leitlinien für die Strukturierung und Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten gegenüber einer breiteren Anspruchsgruppe.
(9)Sustainability Accounting Standards Board (https://www.sasb.org/). SASB-Standards geben Orientierung für die Offenlegung finanziell wesentliche ESG-Informationen vor allem gegenüber Investoren.
(10)Unter den deutschen IPOs des bisherigen Jahres 2021 sind SYNLAB AG, ABOUT YOU AG und Novem Group S.A. als Beispiele hervorzuheben.
(11)Die Non-Financial Reporting Directive (2014/95/EU) (NFRD) wurde 2017 durch das CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (CSR-RUG) in nationales Recht umgesetzt. Das CSR-RUG greift u.a. für alle im regulierten Markt notierten Unternehmen, sofern sie mehr als 500 Mitarbeiter beschäftigen und die Bilanzsumme 20 Mio. EUR sowie der Umsatz 40 Mio. EUR überschreiten (§ 289b HGB).
(12)§ 289c HGB
(13)Für Geschäftsjahre beginnend im Jahr 2021 wurden einige Erleichterungen eingeräumt. Offenzulegen sind zunächst nur der Anteil vom Gesamtumsatz, Capex und Opex, der auf Wirtschaftstätigkeiten entfällt, die in Bezug auf die beiden Umweltziele „Anpassung an den Klimawandel“ und „Klimaschutz“ eligible bzw. non-eligible sind, sowie relevante qualitative Angaben. Im Rahmen der Taxonomie-Verordnung (VO (EU) 2020/852) werden weitere Delegierte Rechtsakte veröffentlicht, welche die geforderten Berichtsinhalte nach und nach konkretisieren.
(14)https://ec.europa.eu/info/publications/210421-sustainable-finance-communication_en. Mit dem Richtlinienvorschlag zur neuen „Corporate Sustainability Reporting Directive – CSRD“ wird die NFRD entscheidend erweitert. Die Umsetzung in nationales Recht soll bis Ende 2022 erfolgen mit Anwendung für Geschäftsjahre ab 1. Januar 2023.
(15)Nach Schätzung der EU-Kommission steigt damit die Anzahl der berichtspflichtigen Unternehmen in Europa derzeit rund 11.000 auf etwa 50.000. Das DRSC schätzt für Deutschland einen Anstieg von rund 500 auf ca. 15.000.
(16)Task Force on Climate-related Financial Disclosures (https://www.fsb-tcfd.org/)
(17) Siehe z.B. den offenen Brief von Larry Fink, Chairman and CEO, BlackRock, Inc.) an die Vorstandsvorsitzenden von Unternehmen vom 14. Januar 2020 (https://www.blackrock.com/ch/privatanleger/de/larry-fink-ceo-letter).

Autor/Autorin

Nadine Gehrke
Carsten Stäcker