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Folgende wesentliche Maßnahmen und Ziele skizzieren diese fünf Stufen (7):

1. Sensibilisierung des Unternehmens für seine ESG-Themen, interne Bestandsaufnahme vorhandener Aktivitäten und Initiativen sowie externes Benchmarking
Aufsetzend auf einer Analyse bereits bestehender ESG-Initiativen in Bezug auf Themen, Prozesse und Strukturen, Ziele, Maßnahmen, KPIs sowie erreichter Ergebnisse erfolgt zunächst ein externes Benchmarking mit wichtigen Wettbewerbern im Kapitalmarkt, Standards (z.B. GRI(8), SASB(9)), Ratings und Best Practices. Ergebnis dieses Benchmarking ist eine umfassende Long-List relevanter ESG-Themen, die im Weiteren zu priorisieren und zu schärfen sind.

2. Stakeholder-Identifikation und Materialitätsanalyse
Von besonderem Interesse für die künftigen IPO-Investoren ist, wie sich die ESG-Aspekte auf die zentralen Faktoren der Bewertung auswirken, also auf künftige Umsätze, Kosten und das Risiko als Treiber des Diskontfaktors im Bewertungsmodell. Doch der Shareholder Value lässt sich nicht maximieren, wenn die Interessen anderer, für das Unternehmen entscheidender Stakeholder nicht berücksichtigt werden. Neben den Eigentümern sind dies regelmäßig insbesondere Kunden, Mitarbeiter und Lieferanten, möglicherweise aber auch Kreditgeber, Kooperationspartner, NGOs, lokale Gemeinden, Presse oder Politik und Regulatoren. Es gilt, festzulegen, welche Stakeholder (und deren spezifische Interessen) für die künftige Entwicklung des Unternehmens mittelbar und unmittelbar von besonderer Relevanz sind. Diese werden bei der Definition der ESG-Fokusthemen primär einbezogen, etwa durch Umfragen oder Workshops.

In einer Matrix entlang der Dimensionen „Erwartungen der (zentralen) externen Stakeholder“ und „Bedeutung für die Geschäftsentwicklung“ bestimmt das Unternehmen die ESG-Themen mit der höchsten Relevanz. Dies kann anhand verschiedener Kriterien beurteilt werden, beispielsweise der Auswirkungen auf die Finanzdaten, der strategischen Ziele und der öffentlichen Reputation, oder im Hinblick auf die erwartete regulatorische Dynamik. Die Materialitätsanalyse dient als Grundlage für die Entscheidung über Zielvorgaben für einzelne ESG-Themen und entsprechende Initiativen.

3. Strategische Integration der materiellen ESG-Themen
Für seine priorisierten ESG-Themen formuliert das Unternehmen jeweils Ambitionsniveaus, die mit seinen Werten und strategischen Zielen verknüpft sind. Hier sind umfassende Überlegungen erforderlich als Grundlage für den Rahmen und die Stoßrichtung der individuellen ESG-Strategie, z.B.: Wie werden Unternehmenszweck und Strategie durch den ESG-Aspekt unterstützt? Welcher Zustand bzw. welche Verbesserung soll in Bezug auf den ESG-Aspekt angestrebt werden? Was sind die Ansatzpunkte und Treiber für die Umsetzung dieser Ambition? Welche Vor- und Nachteile bzw. Risiken und Chancen ergeben sich? Welche Indikatoren für Aufwand, Wirkungen (Impact) und wirtschaftliche Resultate können herangezogen werden?

4. Zielsetzungen und detaillierte ESG-Roadmap
Langfristig erfolgreiche ESG-Performance bedarf eines möglichst präzisen Fahrplans mit eindeutig formulierten Zielen und Aufgaben, etablierten Strukturen sowie klar definierten KPIs. Die Erfassung der Zahlen und Daten erfordert hohe Sorgfalt, und die festgelegten KPIs müssen geeignet sein, die Umsetzung der Aktivitäten zu verfolgen und zu steuern. Hierfür sind organisatorische Anforderungen (z.B. Prozesse, Dashboard, Tools, Richtlinien) zu entwickeln sowie Ressourcen einzuplanen.

Eine überzeugende ESG-Roadmap ist transparent, fokussiert und vermeidet diffuse Versprechen. Emittenten sollten realistische Ziele formulieren, gestützt durch klare Maßnahmenkataloge, Umsetzungszeiträume und nachvollziehbare Zwischenschritte. Analog zu finanziellen Zielsetzungen, wie Umsatz oder Marge, werden Investoren auch bei den ESG-Zielen hinterfragen, mit welchen Aktivitäten und in welchem Zeitrahmen ein konkretes Ziel erreicht werden will, anhand welcher KPIs die Zielerreichung gemessen wird und wie sich eine Erreichung (oder Verfehlung) dieser Ziele auf die Vergütung der Unternehmensführung auswirkt. Das Vertrauen der Investoren in das Managementteam, die im IPO gesetzten Erwartungen zu erfüllen, ist das zentrale Kriterium einer Investmententscheidung im IPO.

5. Festlegung der Governance und Vorbereitung auf die Berichterstattung nach dem IPO
Ein Pauschalrezept für die Struktur der ESG-Governance existiert nicht. Klar ist jedoch: Die Strategie zur Sicherstellung der Zukunftsfähigkeit ist eine Kernaufgabe des Top-Managements. „Tone from the top“ ist entscheidend – nicht nur in der externen Kommunikation, sondern ebenso intern, damit die ESG-Ziele und ihre Relevanz für den Geschäftserfolg von allen Mitarbeitern verstanden und geteilt werden. In der Praxis bewährt hat sich die Einrichtung eines Sustainability Committee (unter Vorsitz eines Vorstandsmitglieds), das die Umsetzung und Weiterentwicklung der ESG-Strategie sowie die Bereitstellung adäquater Ressourcen verantwortet. Eine erfolgreiche ESG-Governance-Struktur erfordert die Etablierung von zielgerichteten Prozessen und Abläufen sowie die klare Zuweisung von Rollen und Mandaten auf jeder Ebene. Sie muss sicherstellen, dass Entscheidungen ausgeführt, Aktivitäten koordiniert, Projekte gesteuert, Initiativen umgesetzt sowie Fortschritte gemessen, bewertet und berichtet werden.