Für Marktteilnehmer aus dem Ausland relevant sind vor allem die Klarstellungen, wann grenzüberschreitende Transaktionen die Zuständigkeit der österreichischen FMA begründen – denn dies ist nur für Angebote in Österreich zuständig. Es gilt das Zielmarktkonzept, d.h., es ist auf ein zielgerichtetes Ansprechen des österreichischen Marktes und der Anleger in Österreich abzustellen. Relevant dafür ist z.B., ob Werbung in österreichischen Medien geschalten wird, ob Ansprechpartner oder gar ein Vertriebsnetzwerk in Österreich bestehen, welchem Recht der Vertrag unterliegt, welche Sprache verwendet wird oder ob allgemein ein spezieller Österreich-Bezug besteht. Die FMA verweist in dem Zusammenhang auf gängige Judikatur, dass angemessene technische Vorkehrungen (z.B. ein Website-Blocker), um ein (unzulässiges) Angebot in Österreich auszuschließen, sowie klare und mit der Wirklichkeit übereinstimmende Disclaimer zumutbar sind, um ein Angebot in Österreich jedenfalls verneinen zu können.

Dieser „technologieneutrale“ regulatorische Zugang der FMA kommt nicht unerwartet und entspricht deren bisheriger Verwaltungspraxis. Spannender ist die Einordnung der gesetzlich nicht definierten und in der Praxis nicht einheitlich angewendeten Arten der Token. Die FMA unterscheidet in diesem Zusammenhang grundsätzlich (und nicht abschließend) zwischen:

  1. Security bzw. Investment Token, das sind z.B. Token, die Ansprüche auf Auszahlungen oder sonstige gesellschaftsrechtliche Ansprüche (z.B. Stimmrechte) verkörpern.
  2. Payment bzw. Currency Token, deren primärer Zweck in einer Bezahlfunktion liegt.
  3. Utility Token, also Token, die in erster Linie dazu dienen, dem Inhaber einen Nutzen in Hinblick auf ein bestimmtes Produkt oder eine Dienstleistung zu verschaffen.

Die Einordnung ist nicht zwingend, und die FMA entscheidet über die regulatorische Einordnung einzelfallbezogen. Der FinTech Navigator dient daher nur als Leitfaden. Dennoch ist die Stellungnahme der FMA, an der Schönherr Rechtsanwälte GmbH im Rahmen des FinTech-Beirates des österreichischen Finanzministeriums mitgewirkt hat, eine für die Praxis wertvolle Auslegungshilfe zur Beantwortung erster Fragen und für besseres Verständnis der regulatorischen Einordnung dieser neuen Transaktionsart.

[1]     https://www.fma.gv.at/en/cross-sectoral-topics/fintech-navigator/initial-coin-offering/

Ursula Rath ist Partnerin bei Schönherr in Wien und auf Kapitalmarkttransaktionen (Eigen- und Fremdkapital), Investmentfonds und Finanzdienstleistungen spezialisiert. Rath ist Mitglied des FinTech Beirates des österreichischen Finanzministers und berät regelmäßig zu FinTech-relevanten rechtlichen Fragen.

Thomas Kulnigg ist Partner bei Schönherr in Wien und auf Technologie & Digitalisierung, mit Schwerpunkt M&A-Transaktionen im Technologie-Bereich, Start-ups und Venture Capital/Private Equity, spezialisiert. Kulnigg berät regelmäßig zu blockchainrelevanten rechtlichen Fragen.

 

Der Artikel erschien zuerst im Vorabdruck der Specialausgabe „Kapitalmarkt Österreich 2018“

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