Rechnungen mit Bestellbezug können dann vollständig automatisiert verarbeitet werden. Gibt es keine Abweichungen zwischen Bestellung, Wareneingang und Rechnung (evtl. im Rahmen definierter Mengen- und Preistoleranzen), kann eine vollautomatische Verbuchung ohne wei- tere Sichtkontrolle erfolgen (sog. Dunkelbuchung). Bei Rechnungen ohne Bestell- bezug liegen i.d.R. keine oder nur unvollständige Informationen aus Einkauf und Warenwirtschaft vor. Daher muss die Rechnungsprüfung und -freigabe in der Abteilung bzw. durch den Mitarbeiter erfolgen, der die Bestellung  veranlasst  hat. Freigaben können in praktisch allen Systemen auf Basis von Organisationsstrukturen, Freigabelimits oder abhängig von Kontierungsobjekten wie Kosten- stellen und Kostenträgern sowie individuellen Kriterien elektronisch erfolgen. Workflow-Funktionalitäten wie Abteilungspostfächer, Vertreterregelungen, Delegation, Eskalation und lückenlose Protokollierung unterstützen in den Systemen einen transparenten und reibungslosen Prüf- und Freigabeprozess. In der mobilen und digitalen Geschäftswelt von heute stehen Belege, zugrunde liegende Dokumente sowie Freigabe- und Workflowfunktionalitäten i.d.R. auch auf den gängi- gen mobilen Endgeräten zur Verfügung. Den Abschluss der elektronischen Ein- gangsrechnungsverarbeitung bildet die Übergabe der Belegdaten an das ERP- System zur Verbuchung, eine eventuelle Zahlungsanweisung sowie die Archivierung des gesamten Vorgangs. Wie bereits oben beschrieben, kann die Verbuchung abhängig von der Belegart und den Unternehmensvorgaben manuell oder automatisch erfolgen. Ziel sollte es sein, dass möglichst viele Standardfälle und unkritische Rechnungen „dunkel“ verbucht werden können.

 

Vorteile einer digitalen Belegverarbeitung

Neben sofortigen ökonomischen Vorteilen und einem reduzierten Personalbedarf für manuelle Tätigkeiten ermöglicht die automatisierte Datenerfassung eine signi- fikante Beschleunigung der Durchlaufzeiten sowie einen Qualitätsanstieg durch den Rückgang von manuellen Erfassungs- und Buchungsfehlern. Gerade auch im Hinblick auf eine regelmäßige und zeit- nahe Kapitalmarktberichterstattung ist eine automatisierte Belegverarbeitung notwendig, um einen schnellen und effizienten Close zu ermöglichen. Zudem wird unter Compliance-Gesichtspunkten das Risiko von Prozessfehlern oder absichtlicher Prozessumgehung reduziert. Automatisierte und digitalisierte Prozesse ermöglichen heute im Finanzbereich ganz neue Arten der Prozessanalyse, -optimierung und -überwachung. Durch den Einsatz von sog. Data Mining Software können digitale Fußspuren im Unternehmen sowohl quantitativ als auch analytisch aus- gewertet und grafisch sichtbar gemacht werden. Dies ermöglicht eine höhere Prozesstransparenz und Compliance, z.B. gegenüber Wirtschaftsprüfern und dem Finanzamt, aber auch für interne Kontrollen und die kontinuierliche Verbesserung und Effizienzsteigerung im Unternehmen. Und auch für weitere Optimierungen, möglicherweise unter Einsatz von künstlicher Intelligenz, sind integrierte und automatisierte End-to-End-Prozesse die Voraussetzung   und   bilden   somit   die  notwendige Grundlage für ein Rechnungswesen 4.0

Der Artikel erschien zuerst in der August-Ausgabe des GoingPublic-Magazins.

 

 

Jürgen Diehm (links auf dem Foto) ist Partner im Bereich Finance Optimization der FAS AG und verantwortet mit seinem Team Projekte zur Optimierung von Strukturen, Prozessen,
Systemen und Methoden im Finanz- und Rechnungswesen. Darüber hinaus ist er verantwortlich für den Geschäftsbereich Business Services.
Frieder Welte ist als Consultant bei der FAS AG tätig und berät Kunden zur Optimierung, Automatisierung und Digitalisierung von Strukturen und Prozessen im Finanz- und Rechnungswesen

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