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Die Vereinbarung eines Nachtrags zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer ist grundsätzlich möglich. Praktisch sollten Käufer dies dann nutzen, wenn der Deckungsumfang der W&I-Versicherung sinnvoll optimiert werden kann.

Im Versicherungsrecht wird unter einem Nachtrag oder Endorsement eine vertragliche Regelung zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer verstanden, die zur Ergänzung einer bestehenden Versicherungspolice abgeschlossen wird. Nachträge fallen dabei unter den Begriff des Versicherungsscheins im Sinne von § 5 VVG, ebenso wie die ursprüngliche Police (BGH, NJW-RR 2004, 892, 893). Viele betriebliche Versicherungen, wie etwa die Haftpflichtversicherung oder auch die D&O-Versicherung, werden als Jahresverträge abgeschlossen.

Nachtrag kann vielerlei Veranlassungen besitzen

Ein Nachtrag kann sowohl im Rahmen der üblichen Verhandlungen zur Vertragsverlängerung, dem sogenannten Renewal, als auch unterjährig vorgenommen werden. In der Regel kommt er zum Tragen, um den Versicherungsschutz inhaltlich zu aktualisieren, ihn zu ergänzen für den Fall, dass z.B. eine neue Gesellschaft mitversichert werden soll, oder schlichtweg, um Fehler in der vorhandenen Dokumentierung zu be­richtigen.

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Im Rahmen der Vertragsfreiheit können Risiken auch im Rahmen einer Ver­sicherungspolice mit fest vereinbarter Laufzeit abgeschlossen werden. Dies kommt insbesondere bei der konkreten Ausgestaltung von einmaligen und nicht wiederkehrenden Risiken zur Anwendung, etwa bei Projektstrukturen im Bau oder Anlagenbau. Eine Besonderheit ist, dass die Ver­sicherungspolice in der Regel weder durch den Versicherungsnehmer noch vom Versicherer gekündigt werden kann. Dies sollte im Sinne des Versicherungsnehmers auch dann gelten, wenn zwischenzeitlich ein oder mehrere Schäden eingetreten und zu regulieren sind. Das grundsätzlich beiderseitige Recht zur sogenannten Schadenfallkündigung nach § 92 VVG wird regelmäßig abbedungen sein.

Ausgangssituation bei W&I-Versicherungen

Transaktionsversicherungen wie die W&I-Versicherung sind vergleichbar geregelt. Das Risiko der Verletzung von Garantien und der Steuerfreistellung wird gegen eine Einmalprämie mit zuvor vereinbarten Laufzeiten versichert. Nach inzwischen vorherrschender Auffassung handelt es sich bei der käuferseitigen Versicherung um eine Eigenschadenversicherung des Käufers, genauer eine Vermögensschaden­versicherung sui generis (Lüttringhaus in Lüttringhaus/Korch, Transaktions­versich­er­ungen, § 4 Rn6). Die Verjährungsfristen der Versicherungspolicen sind meist abgestuft und liegen zwischen zwei und drei Jahren für operative Garantien sowie sieben und zehn Jahren für Fundamental- und Steuergarantien.

Die W&I-Versicherung wird regelmäßig zum Signing der Transaktion abgeschlossen. Um den Kaufvertragsparteien die ­nötige Rechtssicherheit im Hinblick auf das Bestehen des W&I-Versicherungsschutzes zum Signing zu geben, hält der Makler oftmals eine durch den Versicherer bereits im Vorfeld ausgefertigte Police zu treuen Händen, welche nach Unterzeichnung des Kaufvertrags sowie der Bestä­tigung der Parteien, dass es keine zwischenzeitlichen wesentlichen Änderungen hieran mehr gab, an den Versicherungsnehmer freigegeben werden darf.

In welchen Situationen kommt ein Nachtrag in Betracht?

Die Transaktion ist unterzeichnet und die Bedingungen der Police sind bereits vereinbart. In dieser Ausgangssituation mag man annehmen, dass Nachträgen bei den durchaus sehr intensiv verhandelten Transaktionsversicherungen keine nennens­werte Relevanz zukommt. Rechtlich hingegen ist die Vereinbarung eines Nachtrags zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer auch bei dieser Art von Ver­sicherung möglich. Praktisch kann der Versicherungsnehmer diese Möglichkeit insbesondere dann nutzen, wenn der ­Deckungsumfang der W&I-Versicherung noch optimiert werden kann.

Versicherer erwarten von den Beteiligten einer Transaktion grundsätzlich markt­­übliche Anstrengungen, um Informationen­ und Dokumente offenzulegen und sie einer­ robusten Due Diligence zu unterziehen. Die Zeichnungsrichtlinien nicht weniger Versicherer setzen daher mindestens eine rechtliche, steuerrechtliche und finan­zielle Due Diligence der Käufer voraus, um eine Transaktion überhaupt ver­sichern zu können. Dabei gilt der Grundsatz, dass der Umfang (Scope) der Due ­Diligence der Reichweite der im Kaufvertrag vereinbarten Garantien entspricht und diese spiegelt. Je nach Ausgestaltung des Garantiekatalogs können daher auch speziell zu prüfende Bereiche wie Umwelt, Technik, geistiges Eigentum oder Ver­sich­erungen relevant werden. Erachtet ein Versicherer eine Due Diligence in bestimmten Punkten für nicht ausreichend, etwa weil eine im Sinne des Garantiekatalogs relevante Jurisdiktion, eine Steuerart oder ein ganzer ­Bereich wie geistiges Eigen­tum unge­prüft ist, wird in der Regel mit einem­ Deckungsausschluss für die betroffene Garantie oder den betroffenen Bereich reagiert.

Mit Blick auf das straffe Timing vieler Transaktionen und Bieterprozesse sowie den sich im Zuge der Verhandlungen ändern­den Garantiekatalog bleibt dem ­potenziellen Käufer und den involvierten Beratern oftmals nicht die Zeit, die Due ­Diligence auf alle für die W&I-Police relevanten Garantiebereiche zu erstrecken und offene Punkte rechtzeitig bis zum ­geplanten Signing zu klären. Diese Situation ist für den Käufer besonders nachteilig – schließlich verfügt er über einen Verkäufer, der bereit wäre, diese Garantie ab­zugeben. Andere Garantien sind z.B. bei einem Carve-out erst im Nachgang zum erfolgten Signing oder sogar Closing überprüfbar. Sollte ein Käufer in solchen Konstellationen auf die Idee kommen, die W&I-Versicherung in Gänze erst nach dem Signing zu verhandeln und abzuschließen, birgt dies das Risiko, dass zwischenzeitlich eingetretene und erkannte Schadenfälle nicht mehr unter der Police ver­sichert werden können.

Praxistipp: Versicherungsmakler frühzeitig ansprechen

Deutet sich der Eintritt eines der oben ­beschriebenen Szenarien an, ist es unbedingt sinnvoll, frühzeitig den involvierten Versicherungsmakler anzusprechen und mit dem Versicherer über die Möglichkeit eines Nachtrags und späteren Einschlusses einer Garantie oder eines bestimmten Bereichs an Garantien zu sprechen. Es empfiehlt sich darüber hinaus, die grundsätzliche Möglichkeit der entsprechenden Nachträge sowie die damit verbundenen Erwartungen des Versicherers an die nachträgliche Due Diligence unter Nennung der konkreten Garantien ausdrücklich in der W&I-Police (z.B. im Warranty Spreadsheet) festzuhalten.

Fazit

Versicherer sind daran interessiert, ein gutes und umfassendes Produkt anbieten zu können, welches den Versicherungsnehmer nicht mit Deckungslücken bei ­relevanten Garantien und einer unvollständigen Absicherung bei Garantiebrüchen zurücklässt. Gemeinsam lassen sich der Umfang der nachträglichen Due Diligence und mögliche Bedingungen mit dem Ziel der Erweiterung der Deckung über ­einen Nachtrag festlegen. Der Versicherungsnehmer hat so im besten Fall noch vor Abschluss der W&I-Versicherung ­Gewissheit darüber, dass mit der nachträglich durchgeführten Due Diligence und der Offenlegung des Reports gegenüber dem Versicherer ein Einschluss erreicht werden kann.

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Autor/Autorin

Benedict Prinzenberg

Benedict Prinzenberg, LL.M., ist Co-Head of Funk M&A Services der Funk Gruppe.

Jan Wehkamp

Jan Wehkamp ist Co-Head of Funk M&A Services der Funk Gruppe.