Die Deutsche Bank hat einige Kooperationen mit jungen FinTech-Startups. Aktuell gründet sich ein Startup nach dem anderen in dem Bereich. Was würden Sie einem solchen Wachstumsunternehmen für Tipps auf den Weg mitgeben?

Die Gründer sollten sich bei ihren Produkten oder Dienstleistungen auf den Nutzen für den Kunden konzentrieren. Die Raffinesse der dahinter liegenden technischen Lösung darf kein Selbstzweck sein. Das Unternehmen muss zudem klar entscheiden, ob es seine Leistungen unmittelbar an den Kunden bringen möchte, also einen B2C-Ansatz verfolgt und sich damit dem Wettbewerb mit Banken stellen muss, oder ob es lieber eine Kooperation mit einer Bank eingeht, dann also B2B arbeitet. Für die ersten Gehversuche ist sicher auch ein erfahrener Partner gut, der hilft, von der Idee zu einem tragfähigen Geschäftsmodell zu kommen, wie dies etwa der Startup-Entwickler Axel Springer Plug and Play macht.

Und umgekehrt: Was könnte ein Startup Ihnen als klassischem Bankhaus noch beibringen?

Wir kooperieren ja für die Entwicklung bestimmter Produkte wie der Multi-Bank-Aggregation, unserem digitalen Schließfach eSafe oder unserem Festgeldmarktplatz bereits mit erfolgreichen FinTechs. Wir tun das, weil diese jungen Technologieunternehmen häufig clevere Lösungen für die Anforderungen unserer Kunden haben, die wir selbst nur mit erheblich höherem Aufwand selbst bauen könnten. Uns gefallen der frische Unternehmergeist, die Kreativität und die Flexibilität der FinTechs. Das ist etwas, wovon wir uns gerne eine Scheibe abschneiden.

An welcher Technologie aus dem FinTech-Bereich wäre die Deutsche Bank im Sinne von Integration/Akquisition ggf. noch interessiert, was würde da Sinn machen?

Aktuell schauen wir uns InsurTechs, also junge Technologiefirmen in der Versicherungswirtschaft, sowie den Bereich Payments intensiv an. Im Zuge der Digitalisierung wird vor allem Vertrieb von Sachversicherungen über Banken deutlich anziehen. Wir glauben an eine Wiedergeburt der Bankassurance. Spannend finden wir auch das Thema Peer-to-Peer-Payments, also die direkte Überweisung von Kunde zu Kunde. Mit der Payment Service Directive II (PSD II) schafft der Regulator hier ganz neue Möglichkeiten für den Wettbewerb unter Finanzdienstleistern. Mit der Öffnung unserer Programmierschnittstelle für externe Software-Entwickler vom Frühjahr 2017 an werden wir zudem die Anzahl möglicher Partner und Drittanbieter auf unserer Banking-Plattform noch einmal deutlich erweitern. Ende 2016 haben wir das in unserem ersten Programmierwettbewerb mit jungen IT-Entwicklern schon erprobt. Der Zuspruch war riesig – mehr als 700 Software-Entwickler und Designer aus 16 Ländern hatten sich beworben. Uns ging es in erster Linie darum, Ideen für Dienstleistungen und Produkte über das klassische Bankgeschäft hinaus zu bekommen.

…und außerdem?

Für einen noch besseren Zugang zu vielversprechenden Startups haben wir zudem 2016 eine Kooperation mit Axel Springer Plug and Play geschlossen, Europas führendem Entwickler junger Technologieunternehmen. Wir sitzen jetzt mit in der Jury, die jene Gründer auswählt, die gefördert werden, und laden die besten dazu ein nach dem Axel-Springer-Förderprogramm ihre Projekte bei uns in der Digitalfabrik in Frankfurt weiterzuentwickeln. Wir sind zudem bereit, bei gut laufenden Kooperationen auch in die Finanzierung solcher junger Technologiefirmen einzusteigen.

GoingPublic: Herr Dr. Pertlwieser, vielen Dank für Ihre Offenheit und das spannende Gespräch!

Das Interview führte Svenja Liebig

Dr. Markus Pertlwieser ist Mitglied des Vorstands der Deutsche Bank Privat- und Geschäftskunden AG und Chief Digital Officer (CDO) für den Unternehmensbereich Private, Wealth and Commercial Clients (PW&CC). Von 2001 bis 2008 arbeitete er für McKinsey im Bereich Financials and Services. Seit 2008 ist er in unterschiedlichen Führungspositionen bei der Deutschen Bank tätig. In seiner Funktion als CDO für PW&CC verantwortet Pertlwieser die Entwicklung der Digitalisierungsstrategie, die digitale Transformation des Geschäftsmodells sowie den Aufbau und Management der sogenannten Digital Factory.

Das Interview erschien zuerst in der Februar/März-Ausgabe des GoingPublic Magazins.

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