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Ergebnisse: Überblick und ausgewählte Kategorien

Das aktuelle HCM-Reporting der DAX30-Unternehmen nimmt substanziellen Raum in der Berichterstattung ein, variiert aber stark in Umfang, Timing und Veröffentlichungspraxis.

So beläuft sich der Anteil der HCM-Darstellungen in Geschäftsberichten auf rund 14% des Gesamtinhalts. Ein Drittel der DAX-Unternehmen berichtet bereits heute integriert, also ausschließlich im Geschäftsbericht. Die deutliche Mehrheit der Unternehmen tritt mit ihren Nachhaltigkeits- und Personalberichten signifikant später als mit dem Geschäftsbericht an die Öffentlichkeit, zum Teil mit über drei Monaten Verzug.

Zu den Erkenntnissen in einzelnen Kategorien des HCM Monitors zählen:

• HCM-Strategie: Viele Unternehmen stellen ihre HCM-Strategie nicht gesamthaft dar. Zudem erfolgt das Reporting meist sehr allgemein, qualitativ beschreibend und ohne klare KPIs. Investoren fordern jedoch entsprechende Informationen, um die Verknüpfung von Geschäftsaktivitäten mit der HCM-Strategie nachvollziehen zu können.

• Diversität, Chancengleichheit und Diskriminierungsfreiheit sind zentrale Inhalte von Geschäftsberichten. Das Reporting ist in der Regel auf den Gender-Aspekt fokussiert. Über die weiteren Themenfelder, zum Beispiel die demografische Verteilung der Belegschaft, wird nur wenig berichtet. Zu kurz kommen auch Ländervergleiche.

• Compensation, Incentives und Benefits werden von allen Unternehmen thematisiert. Abseits der hoch regulierten Angaben zu Vorstands- und Aufsichtsratsvergütung wird vielfach über Initiativen für eine faire, geschlechtergerechte Vergütung berichtet. Lediglich zwei Unternehmen weisen den Gender Pay Gap als KPI aus. Angaben zu Tarifstrukturen und zur Vergütung von AT-Mitarbeitern sind überraschend selten. Neben betrieblicher Altersversorgung werden weitere Benefits kaum aufgegriffen.

• Data Security: Die Berichterstattung in dieser Kategorie ist insgesamt dürftig. In der Regel werden allgemeine und pauschale Aussagen getroffen. Nur wenige Unternehmen berichten mit Aussagen, die tragfähige Rückschlüsse auf den Stellenwert von Datenschutz und Informationssicherheit erlauben. Es finden sich nur wenige KPIs.

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• Aus- und Weiterbildung, Qualifizierung und Engagement sind sehr präsente Themen. Häufig wird Bildung im Kontext von Transformation und Digitalisierung als strategisch wichtig betont. Die meisten Unternehmen berichten über digitale Kompetenzen und Zukunftsfähigkeit sowie digitale Lernangebote. Im Gegensatz dazu wird über Mitarbeiter-Engagement weniger ausführlich berichtet – obwohl nahezu alle DAX- Unternehmen regelmäßig entsprechende Befragungen machen und daraus KPIs wie Engagement-Index, Stimmungsindex und Mitarbeiterzufriedenheit ableiten.

Perspektiven auf den Handlungsbedarf für HR, IR und Arbeiternehmervertreter

Für die am Studienprojekt beteiligten Partner DGFP, DIRK und Academy of Labour ergeben sich aus den Studienergebnissen ganz spezifische Erkenntnisse und Handlungsbedarfe.

So sieht Kai Helfritz von der DGFP auf Basis der Studie die Relevanz einer sinnvollen qualitativen und quantitativen Berichtslegung zu HR-Themen erwachsen – und einem intensiven direkten Austausch dazu mit Investoren. Er ist überzeugt: „Die aktuelle Stoßrichtung von Investoren wird CHROs und Personalverantwortliche stärker denn je in den Investorendialog einbinden. Dafür braucht es Kennzahlen, Best Practices und ein abgestimmtes Agieren mit Aufsichtsrat, Vorstand und Investor Relations. Wir werden ein verändertes HR-Reporting im Rahmen der Finanzmarktkommunikation sehen.“

Für die Mitbestimmungsseite konstatiert Tanja Jacquemin, Fachreferentin für Aufsichtsräte und Unternehmensmitbestimmung bei der Academy of Labour, dass der neue Investorenfokus Arbeitnehmervertretern in Aufsichts- und Betriebsräten die Chance bietet, sich noch wirksamer im Sinne der Beschäftigten einzubringen. „Und das ist auch im Interesse der Investoren. Denn dort, wo es eine hohe Abdeckung von Beschäftigten durch Interessenvertreter gibt, sind in der Regel die Arbeitnehmerstandards hoch und die entsprechenden von Investoren adressierten Risiken gering.“
Aus ihrer Sicht kann und muss der Aufsichtsrat als Kontrollinstanz der Verpflichtung zu einer entsprechenden Berichterstattung über die gesetzlichen Forderungen hinaus weiteren Nachdruck verleihen und somit die Rolle der Beschäftigten als am Unternehmen Beteiligte stärken.

Aus Sicht von Kay Bommer, Geschäftsführer des DIRK ist HCM als Thema noch nicht auf der Investor-Relation-Agenda angekommen. Dass neben dem regulären Reporting zunehmend auch Anfragen zu Kennzahlen und Sachverhalten aus diesem Themengebiet an IR herangetragen werden, sieht er als Chance: „Die aktuellen Entwicklungen in puncto HCM eröffnen der Investor-Relation-Funktion den Spielraum, eigene Standards zu etablieren und damit auch Defizite auf Investorenseite zu kompensieren. IR sollte die sich bietende Gelegenheit im Sinne der eigenen strategischen Positionierung nutzen!“

Autor/Autorin

GoingPublic Redaktion / iab