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Das Verfahren der Planabstimmung

Die Abstimmung über den Restrukturierungsplan kann die Schuldnerin entweder in Eigenregie durchführen oder durch das Restrukturierungsgericht durchführen lassen. Die Frist zur Annahme des Plans bzw. der Einladung zu einer Versammlung der Planbetroffenen, die über den Plan ­abstimmt, beträgt mindestens 14 Tage. Es kann auch eine virtuelle Teilnahme und elektronische Abstimmung der Planbetroffenen vorgesehen werden. Den Vorsitz in der Versammlung führt der gesetzliche Vertreter der Schuldnerin. Führt das ­Gericht die Planversammlung durch, hat es auch den Vorsitz in der Versammlung inne. Vor oder zusammen mit dem Plan­abstimmungstermin hat eine Erörterung des Restrukturierungsplans zusammen mit den Planbetroffenen zu erfolgen.

Mehrheiten und Planabstimmung

Die Abstimmung über den Restrukturierungsplan erfolgt in Gruppen. Im Regelfall werden folgende Gruppen gebildet:

  • Gläubiger mit Sicherungsrechten,
  • unbesicherte Gläubiger,
  • Gläubiger, deren Forderungen in einem Insolvenzverfahren nachrangig wären,
  • und Anteilsinhaber.

Grundsätzlich ist für eine Annahme des Plans in jeder Gruppe eine Mehrheit von mindestens drei Vierteln der Stimmrechte erforderlich. Die Stimmrechte richten sich für gesicherte Gläubiger nach dem Wert ihrer Sicherheiten, für ungesicherte Gläubiger nach dem Betrag ihrer Forderung und für Anteilsinhaber nach ihrem nominellen Anteil am gezeichneten Kapital oder Vermögen der Schuldnerin.

Wird in einer Gruppe die erforderliche Mehrheit nicht erreicht, kann sie von der Mehrheit der abstimmenden Gruppen, die dem Plan mit den erforderlichen Mehr­heiten zugestimmt haben, überstimmt werden (Cross-Class Cram Down). Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die ­Mitglieder dieser Gruppe (i) durch den ­Restrukturierungsplan nicht schlechterge­stellt werden und (ii) dass sie angemessen an dem wirtschaftlichen Wert beteiligt werden, der auf der Grundlage des Plans den Planbetroffenen zufließen soll (vgl.
§ 26 I StaRUG).

Gerichtliche Bestätigung des Restrukturierungsplans

Wenn der Restrukturierungsplan nicht einstimmig angenommen worden ist, ist er auf Antrag der Schuldnerin durch das ­Gericht zu bestätigen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Planabstimmung von der Schuldnerin selbst oder durch das ­Restrukturierungsgericht durchgeführt wurde. Regelmäßig hat das Restrukturierungsgericht die Planbetroffenen vor ­einer Entscheidung über die Planbestätigung anzuhören. Die Bestätigung des ­Restrukturierungsplans ist zu versagen, (i) wenn die Schuldnerin nicht drohend zahlungsunfähig ist, (ii) bei wesentlichen Verfahrensmängeln oder (iii) wenn die Schuldnerin ihre Verpflichtungen gegenüber den Planbetroffenen, wie im Restrukturierungsplan geregelt, offensichtlich nicht erfüllen kann.

Die Bestätigung des Restrukturierungsplans ist durch das Restrukturierungs­gericht auch dann zu versagen, wenn ein Planbetroffener (i) gegen den Plan ­gestimmt hat, (ii) einen Antrag auf Versagung der Planbestätigung gestellt hat und (iii) nachweist, dass er durch den Restrukturierungsplan voraussichtlich schlechter­gestellt wird. Ein entsprechender Antrag eines Planbetroffenen ist abzuweisen, wenn im gestaltenden Teil des Restrukturierungsplans Mittel für den Fall bereit­gestellt werden, dass ein Planbetroffener eine Schlechterstellung nachweist. Hierüber ist dann außerhalb der Restrukturierungssache zu entscheiden.

Gegen den gerichtlichen Planbestätigungsbeschluss kann ein Planbetroffener eine sofortige Beschwerde einlegen. Hiergegen kann die Schuldnerin wiederum ein sogenanntes Freigabeverfahren einleiten. Das Beschwerdegericht weist die Beschwerde eines Planbetroffenen zurück, wenn die alsbaldige Rechtskraft der ­Planbestätigung vorrangig erscheint, weil die Nachteile eines verzögerten Planvollzugs die Nachteile für den Beschwerdeführer überwiegen und kein besonders schwerer Rechtsverstoß vorliegt.

Restrukturierungsbeauftragter

Auf Wunsch der Schuldnerin kann das ­Restrukturierungsgericht einen sogenann­ten Restrukturierungsbeauftragten als „verlängerten Arm des Restrukturierungsgerichts“ bestellen. In bestimmten Fällen erfolgt eine notwendige Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten durch das Restrukturierungsgericht, z.B. wenn Rechte von Verbrauchern, mittleren, kleinen oder Kleinstunternehmen berührt werden, die Schuldnerin eine Stabilisierungsanordnung erwirkt oder in Rechte von Gläubigern aus gruppeninternen Drittsicher­heiten eingegriffen werden soll oder wenn der Restrukturierungsplan eine Planüberwachung vorsehen soll.

Der Restrukturierungsbeauftragte wird von dem Restrukturierungsgericht beauftragt, die Restrukturierungssache zu überwachen und dem Gericht Auskunft zu erteilen. Zudem kann das Restrukturierungsgericht dem Restrukturierungs­beauftragten weitere Befugnisse übertragen, wie beispielsweise die wirtschaft­liche Lage der Schuldnerin zu prüfen und deren Geschäftsführung zu überwachen und/oder von der Schuldnerin zu verlangen, dass eingehende Gelder nur von dem Restrukturierungsbeauftragten entgegengenommen werden können. Zudem hat der Restrukturierungsbeauftragte zusätzliche Aufgaben und Befugnisse, wenn die Schuldnerin einzelne Sanierungsinstrumente in Anspruch nimmt.

Gläubigerbeirat

Durch das Restrukturierungsgericht kann auch ein Gläubigerbeirat (§ 93 StaRUG) eingerichtet werden, wenn durch den ­Restrukturierungsplan alle durch das StaRUG vorgesehenen Forderungen der Schuldnerin gestaltet werden sollen und die Restrukturierungssache gesamtverfahrensartige Züge aufweist. Der Gläubiger­beirat ist dem vorläufigen Gläubigerausschuss im Insolvenzeröffnungsverfahren nachgebildet. Er hat die Aufgabe, die ­Geschäftsführung zu unterstützen und zu überwachen. Das Verhältnis des Gläubiger­ausschusses zu den Rechten und Pflichten der Anteilseigner ist vollkommen ungeklärt.

Privilegierungen von ­Neufinanzierungen

Für den Zeitraum der Vorbereitung und Umsetzung des Restrukturierungsvorhabens gelten auch die bisherigen Anforderungen der Rechtsprechung zum Sanierungskredit; insb. ist wie auch bisher in bestimmten Situationen für die Finanzierungen ein Sanierungsgutachten erforderlich. Allerdings werden durch das StaRUG neue Finanzierungen haftungsrechtlich und bzgl. etwaiger Anfechtungsmöglichkeiten in einer ggf. später eintretenden ­Insolvenz der Schuldnerin privilegiert.

Fazit

Das StaRUG ist ein großer Wurf des Gesetzgebers. Die Restrukturierungsinstrumente dieses Gesetzes erlauben es Unternehmen außerhalb einer Insolvenz, einzelne oder auch umfassende Restrukturierungsmaßnahmen zu ergreifen und diese – auch gegen den Widerstand einzelner Akkordstörer – umzusetzen. Derartige ­Sanierungsmaßnahmen tragen nicht das Stigma einer Insolvenz und die Gläubiger haben nicht schon allein durch die Insolvenzantragsstellung einen erheblichen Verlust des Unternehmenswerts zu erleiden. Ein Hauptanwendungsfall dieser ­neuen Sanierungsmöglichkeiten ist die ­Restrukturierung von Finanzverbindlichkeiten.

Autor/Autorin

Dr. Christian Becker Dr. Lutz Pospiech

Dr. Christian Becker ist Partner und Dr. Lutz Pospiech assoziierter Partner der GÖRG Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB, München.