Von Dr. Clemens Just und Dr. Thorsten Voß, Partner, Schulte Riesenkampff Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Zum 1.6.2012 tritt in wesentlichen Teilen das „Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts“ in Kraft, die Magna Charta der Regulierung geschlossener Fonds auf nationaler Ebene. Kernstück dieses Artikelgesetzes ist zunächst das „Vermögensanlagengesetz“, welches das „alte“ Verkaufsprospektgesetz für Vermögensanlagen ablöst und einige zusätzliche neue Anforderungen an die Emissionshäuser von nicht fungiblen Kapitalanlageprodukten stellt.

So wird der Prospektprüfungsumfang im Vergleich zum bekannten Gestattungsverfahren erweitert und mit der Normierung des Kohärenzmaßstabs an das Niveau der Prüfung von Wertpapierprospekten angepasst. Weiter müssen Prospektnachträge zukünftig vor Veröffentlichung durch die BaFin gebilligt werden, § 11 VermAnlG ist § 16 WpPG nachgebildet.

Auch bei der gesetzlich geregelten Prospekthaftung für fehlerhafte Prospekte gibt es wichtige Neuerungen für ab dem 01.06.2012 veröffentlichte Prospekte. Die wichtigste ist wohl die, dass die kurze Sechs-Monats-Ausschlussfrist (§ 44 Abs. 1 BörsG i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 1 VerkProspG) auf zwei Jahre verlängert wird (§ 20 Abs. 1 VermAnlG). Hinzu kommen zukünftig weitergehende Pflichten zur Anlegerinformation und Rechnungslegung (§§ 15 ff. VermAnlG).

Neue Einstufung

Der wichtigste Punkt im neuen Vermögensanlagenrecht ist jedoch der Paradigmenwechsel im Nachgang zur MiFID-Debatte aus dem Jahr 2007: Vermögensanlagen werden nunmehr (durch Art. 3 und 4 des Novellierungsgesetzes) als „Finanzinstrumente“ im Sinne des Kreditwesen- und des Wertpapierhandelsgesetzes eingestuft werden. Die Auswirkungen auf die Tätigkeiten von Emissionshäusern und insbesondere die Zulassungserfordernisse sind jedoch kurz vor Inkrafttreten des Gesetzes im Einzelnen noch unklar.

Unstreitig stellt die typische Tätigkeit des Emissionshauses, das Auflegen von geschlossenen Fonds, weder ein Bankgeschäft noch eine Finanzdienstleistung dar. Für die im Rahmen geschlossener Fondskonstruktionen übliche Treuhandtätigkeit hat der Gesetzgeber eine ausdrückliche Ausnahme vorgesehen, so dass die an sich einschlägigen Tatbestände des Finanzkommissionsgeschäfts bzw. der Finanzportfolioverwaltung nicht eingreifen. Eine Vertriebstätigkeit betr. Fondsanteile von freien Vermittlern ist zwar mindestens im Regelfall eine Anlagevermittlung, jedoch sieht das Gesetz insoweit eine Unterstellung unter das Gewerberecht vor. Beim Vertrieb von Fondsanteilen über Banken und Sparkassen gelten hingegen insbesondere die Wohlverhaltensregeln des WpHG.

Vermögensanlagen werden künftig als „Finanzinstrumente“ im Sinne des Kreditwesen- und des Wertpapierhandelsgesetzes eingestuft. Foto: PantherMedia / Kurt Kleemann

KWG-Zulassungspflicht oder „Büroversehen“?

Äußerst unbefriedigend ist nun, dass die Tätigkeit von Dachfonds möglicherweise eine KWG-Zulassungspflicht auslöst. In Rede steht also der Erwerb von Beteiligungen von geschlossenen Fonds an anderen geschlossenen Fonds, also von Finanzinstrumenten, so dass der Tatbestand der Anlageverwaltung erfüllt sein könnte. Zwar befreit § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 20 KWG n.F. vom Wortlaut

her nicht Anbieter oder Emittenten selbst, sondern gerade auch dritte Dienstleister, die die Anlageverwaltung „für Anbieter oder Emittenten von Vermögensanlagen“ erbringen. Es ließe sich argumentieren, dass Dachfonds solche „dritte Dienstleister“ sind. Gleichwohl hat die BaFin auf einem Workshop im November geäußert, dies anders zu sehen, und hat in einer Antwort auf eine Anfrage des Branchenverbandes VGF bestätigt, dass sie für Dachfonds von einer Zulassungspflicht ausgeht. Daraufhin haben Hamburger Initiatoren einen „Umdruck“ auf den Weg gebracht, der eine neue Gesetzesausnahme vorsieht und der womöglich das neue Recht noch vor dessen Inkrafttreten schon wieder ändern soll – Planungssicherheit für die Organisation von Zulassungen besteht so jedenfalls nicht. Es bleibt zu hoffen, dass der Umdruck nicht – wie seinerzeit bei der Prospektpflichtausnahme für Zweitmärkte – durch ein Büroversehen im BMF verloren geht.

Was hat nun diese Neuausrichtung im Denken des nationalen Gesetzgebers praktisch für die Produktkonzeption zur Folge? In erster Linie dass – jedenfalls bei Emissionshäusern mit entsprechender Strukturierungskompetenz – das etablierte KG-Modell künftig nur eine rechtliche Hülle unter mehreren möglichen und auch wirtschaftlich sinnhaften Vehikeln ist. Künftig wird es für die Initiatoren und auch die Vertriebsgesellschaften darauf ankommen, das geeignete rechtliche Vehikel zu bestimmen, das auf die jeweiligen Bedürfnisse der Anleger zugeschnitten ist. Anleger möchten nämlich vor allem eines: in gute Assets mit einer attraktiven Rendite investieren. Es ist aber Aufgabe der Emissionshäuser,

  1. gute Assets und
  2. das passende Vehikel

dazu zu finden.

Fazit

Infolge dessen mag es daher auch in Zukunft noch geschlossene Fonds als unternehmerische Beteiligung geben, da es für manche Anleger nach wie vor das richtige Vehikel zur Ergänzung des Portfolios bleiben wird. Hinzu kommen werden aber vor allem Anleiheprodukte (Project Bonds, Mittelstandsanleihen), über die sich institutionelle Investoren und über den Europäischen Pass auch ausländische Anleger erschließen lassen. Vertriebe und Anleger werden daher insgesamt von einer Erweiterung der Produktpalette profitieren, die zugleich mehr Diversifikation bei der Anlage in Sachwerte ermöglicht.

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