William Eggers, Senior Vice President Executive Rewards und Nora Dublanka, Consultant Executive Rewards, Hay Group

Im Zuge der Bankenkrise und der hitzigen Debatte um exzessive Managerboni erließ die Regierung in Deutschland wesentliche Regulierungen in Bezug auf Unternehmensführung. Gleichzeitig wurde auch der Deutsche Corporate Governance Kodex überarbeitet. Dies waren nicht nur Auswirkungen der Krise in Deutschland, sondern auch im europäischen Ausland bzw. Reaktionen auf der ganzen Welt. In diesem Sinne wurden Versuche von Regierungen, Unternehmen besser zu steuern und eine gute Corporate Governance zu erzwingen, eher fehlgeleitet und waren sogar häufig kontraproduktiv. Dies zeigt eine aktuelle internationale Studie über Corporate Governance und Vorstandsvergütung der Hay Group. Die weltweite Studie basiert auf ausführlichen Interviews mit Führungskräften großer Konzerne, Regierungsmitgliedern und institutionellen Anlegern in 17 Ländern.

Die Studie porträtiert den staatlichen Eingriff in die Corporate Governance als reflexartige Reaktion auf populistische Diskussionen über Managergehälter anstelle eines Versuchs, die systemischen Risiken künftiger Unternehmens- oder Marktversagen zu reduzieren. Es entsteht der Eindruck, dass die Regulierungen in den jeweiligen Ländern eher in einem Vakuum gebildet wurden, da ein Dialog mit Unternehmen und Investoren praktisch nicht existiert. Die Vergütung der Führungskräfte ist hier ein gefundenes Thema für eine emotionale Debatte. Letztendlich stellt sich jedoch die Frage, ob gute Unternehmensführung, die den Wohlstand einer Gesellschaft mitbestimmt, durch mehr als politisches Taktieren gesteuert werden sollte.

Deutsche Sicht hebt sich positiv von weltweiter Stimmung ab

Die Sicht der deutschen Teilnehmer hebt sich von dieser eher negativen Einschätzung ab: Sowohl die Regulierer, Investoren als auch die Unternehmen sehen die jüngsten Entwicklungen in der Corporate Governance in Deutschland insgesamt in einem positiven Licht. So wird eine Sensibilisierung, erhöhte Transparenz und auch eine Klärung der Rollen des Vorstands und Aufsichtsrats als positiv beschrieben. Auch die Veränderung bezüglich der Vielfalt in Deutschlands Vorstandsetagen findet positive Erwähnung. Es besteht allgemeiner Konsens, dass die neuen Regelungen zu einem größeren Risikobewusstsein geführt haben. Aktionäre haben das Gefühl, mehr Transparenz zu bekommen, besser informiert zu sein und so ihre Verantwortung als Eigentümer besser wahrnehmen zu können. Doch viele der Befragten waren besorgt, dass die zunehmende Regulierung ein zu starkes Korsett bildet, in dem Unternehmen die notwendige Flexibilität verlieren.

Anforderungskataloge schieben die Verantwortung auf Aktionäre

Eingeführte Regulierungen führen weltweit dazu, dass anstelle der Förderung einer wirksameren Corporate Governance lediglich Anforderungskataloge definiert werden, die von Unternehmen abgearbeitet werden müssen. Es scheint hierbei nur noch wichtig, auf das Einhalten der entsprechenden Regularien zu achten und „compliant“ zu sein, anstatt sich auf eine wirklich nachhaltige Unternehmensführung zu konzentrieren.

Für viele Unternehmen bedeutet dies eine Verschiebung der Rechenschaftspflicht von Management und Aufsichtsrat hin zu den Aktionären. Dies wurde auch in den Interviews deutlich, in denen Investoren, Regulierer und Unternehmen gleichermaßen ihre Bedenken äußerten. In Wirklichkeit zeigt sich jedoch, dass Aktionäre börsennotierter Gesellschaften selten als wahre „Eigentümer“ handeln. Das primäre Anliegen ist es, die Rendite der getätigten Investitionen zu maximieren und nicht das Unternehmen zu führen. So verkaufen Aktionäre tendenziell ihre Anteile, wenn es zu kritischen Situationen bezogen auf die Governance kommt.

Risikoverhalten wird nicht durch die Höhe der Vergütung beeinflusst

Im besonderen Fokus der öffentlichen Diskussion stand häufig die Angemessenheit der Vorstandsvergütung. So ist es interessant, dass die Studie regionale Unterschiede in der Diskussion aufzeigen kann. Auf die Frage, welchen Einfluss die Höhe der Vergütung auf die Vorstände hat, vermuten Unternehmen in Nordamerika und den Emerging Markets eine starke Relation in Bezug auf Leistung und Verhalten, während Unternehmen in Europa hier eher eine geringe Verbindung sehen. Regulierer aller Kontinente gehen tendenziell von einem Einfluss auf Leistung und Verhalten aus. Lediglich die europäischen Investoren und Regulierer sehen einen Einfluss auf das Risikoverhalten durch die Vergütungshöhe.

Fast alle Unternehmen und auch eine Vielzahl von Investoren und Regulierer rechtfertigen die Höhe der Managergehalter durch Marktvergleiche. Die Mehrheit führt als weiteren wichtigen Punkt den individuellen Beitrag des jeweils Einzelnen an. Deutsche Investoren hinterfragen in Bezug auf Marktvergleiche jedoch kritisch, ob immer die richtigen Märkte, die auch die entsprechende Rolle im Unternehmen abbilden, als Referenz hinzugezogen werden.

Bonuszahlungen in der Diskussion

In Deutschland kamen in der Vergangenheit insbesondere die Bonuszahlungen in die Schlagzeilen. Es wurde besonders angemerkt, dass die Boni meistens auf zu kurzfristige Ziele ausgerichtet waren und kein nachhaltiger Erfolg gemessen wurde. Seit der Finanzkrise haben die Unternehmen bewusste Anstrengungen unternommen, diese Systeme anzupassen und mehr Transparenz der Vergütung zu gewährleisten. Diese Bemühungen haben Investoren positiv zur Kenntnis genommen, und sie können eine Verbesserung der Anreizsysteme bestätigen. Unternehmen sehen dagegen durch die Erhöhung der mehrjährig variablen Vergütung einen Trend zu erhöhten Grundgehältern, um das Risiko der einzelnen Vorstände zu mindern. Als Folge verliert die kurzfristige variable Vergütung die Bedeutung als direkter Leistungsindikator.

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