Von Draht kann indes keine Rede sein: Der Spezialist für mediale Online-Erlöse der Musikindustrie befindet sich schon an der Börse – an der Pariser Euronext (Marché Libre) und im Berliner Freiverkehr. Das reicht den Hamburgern jedoch nicht: Am 30. März wird die Aufnahme in den Frankfurter Entry Standard nachgeholt.

Unternehmen
Die 2003 gegründete SendR hat sich als sogenanntes Clearing House für die Musikindustrie positioniert.  Dazu übernehmen die Hamburger für unabhängige Musik-Labels Online-Vermarktungsrechte auf diversen Streaming- und Download-Plattformen. In der Praxis sieht das so aus, dass Lizenzrechte bei der SendR-Gruppe einlizenziert und später die Einnahmen daraus, nach Abzug einer üblichen Vertriebsmarge an die Lizenzgeber ausschüttet werden. Vorschüsse werden in Einzelfällen auch gezahlt und dann mit  Einnahmen verrechnet. SendR produziert z.B. keine CDs, d.h. keine physischen Produkte, deren Abverkauf und Lagerung mit entsprechenden Kosten & Risiken verbunden wären.

SendR Grafik by Sphene

Markt
In den USA werden heute bereits ca. zwei Drittel der Umsätze in der Musikindustrie digital bewerkstelligt – in Europa, speziell Deutschland und Frankreich, ist es erst ein Drittel. Hier hat SendR noch hohes Marktpotenzial. Und SendR ist bereits aktiv geworden mit der sicherlich wichtigsten Akquise in der bisherigen Firmengeschichte: So hat man vor Kurzem bereits die Übernahme der norwegischen Phonofile gemeldet, des größten Digitaldienstleisters Nordeuropas. Zusammen mit der finetunes GmbH, wiederum bekannt als deutscher Pionier in Sachen digitale Vertriebsrechte, operieren sie nun unter dem SendR-Dach: Ergibt mal eben über 100.000 Künstler und über 1,25 Mio. Titel, was SendR als einen der führenden unabhängigen Clearing-Häuser für digitale Musikrechte ausweist. Der Kaufpreis von Phonofile soll dem Vernehmen nach aus einer kombinierten Bar- und Aktienkomponente bestehen.

Nach einer Vereinung von ‚Independent-Deutschland‘ zusammen mit dem Ausholen nach Nordeuropa ist SendR auf der Landkarte für digitale Musik-/Vertriebsrechte bereits mehr als gut erkennbar.  Den laufenden Konsolidierungsprozess zu gestalten hat das Unternehmen bereits unter Beweis gestellt – und lässt keine Zweifel daran, dass man auch künftig eine aktive Rolle dabei einzunehmen gedenke. Einerseits steht SendR international gesehen zwar in Konkurrenz zu weit größeren und finanzkräftigeren Unternehmen, andererseits könnten diese genauso gut versucht sein, einen aufkommenden europäischen Marktplayer durch Akquise in ihren eigenen Konsolidierungsprozess einzubinden, um ihre eigene Oligopolstellung zu halten – alles ist denkbar, in einem sich rasant verändernden Markt wie dem für digitale Musikrechte.

Sendr Übersicht Partner

Zahlen
2015 dürfte SendR rund 10 Mio. EUR an Gesamtleistung erlöst haben. 2016 rechnen die Hamburger mit einem erheblichen Plus umsatzseitig, wobei Phonofile aber erst ab Jahresmitte wird konsolidiert werden können, 2017 dann erstmals voll. Bei den Zahlen 2014 bis 2016 sind die einmaligen Aufwendungen für den ‚doppelten‘ Börsengang zu berücksichtigen. Die ersten aussagekräftigen Zahlen kommen daher erst 2017 zustande: von 2016 auf 17 steuert Phonofile also gleich sehr erheblich bei und begründet einen Gutteil des Erlössprungs um rund die Hälfte.

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