Dr. Rolf Hollander, CEO, CeWe COLOR Holding AG

Das 50-jährige Firmenjubiläum hat der Fotografiedienstleister CeWe Color bereits hinter sich, 2013 nun jährt sich die Börsennotierung zum 20. Male. Das GoingPublic Magazin sprach mit CEO Dr. Rolf Hollander über seine und CeWe’s Erfahrungen mit den Kapitalmärkten, Ex-Neuer-Markt-Zeiten und natürlich die nächsten 20 bis 50 Jahre.

GoingPublic: Herr Dr. Hollander, CeWe Color feiert 2013 sein 20. Jahr Börsenleben seit der Erstnotiz 1993. Welche Erfahrungen bringen Sie mit diesen zwei Jahrzehnten in Verbindung?
Hollander
: Das Unternehmen bestand seinerzeit aus vielen GmbH & Co KGs und sechs Gesellschaftern, davon vier im Ruhestand. Das mussten wir unbedingt personenunabhängiger machen. Zugleich war Anfang der 90er Jahre die Zeit der osteuropäischen Expansion. Polen, Tschechien, Ungarn: Überall haben wir Unternehmen gekauft, auch in Skandinavien oder Frankreich. Mit der Börsennotierung hatten wir jederzeit Zugang zu den Kapitalmärkten. So waren wir schließlich auf dem Weg zum europäischen Marktführer.

GoingPublic: Ich merke schon: Sie wirken bei dem Thema Börse überhaupt nicht reserviert, wie so viele andere, sondern vergleichsweise enthusiastisch.
Hollander
: Es gibt noch einen zweiten Punkt: Und zwar, was eine Börsennotierung in puncto Kommunikation bewirken kann. Natürlich haben wir Aktionären Bericht erstattet, haben geworben über Roadshows, Presseartikel usw. Mit Aufstieg in den SDAX hatte das nochmals eine weitere Stufe genommen. Um die Quartalsberichte zu erstellen, habe ich mich jeweils zwei Tage nach Hause zurückgezogen. Und ich kann Ihnen sagen, dass so etwas sehr dabei hilft, die Unternehmenssituation zu reflektieren und durchzudenken. Ich empfinde die Dokumentationspflichten nicht als Belastung, sondern als Hilfe auch für die Entscheider selbst. Es gibt ein Sprichwort, das besagt: Es ist der Lehrer, der in der Schule am meisten lernt.

GoingPublic: Am Neuen Markt war CeWe Color seinerzeit nicht. Haben Sie das so um 2000 herum irgendwann bereut in puncto Aufmerksamkeit?
Hollander
: Nein, das haben wir nicht. Wir haben uns nicht vernachlässigt gefühlt. CeWe ist schon immer der Richtlinie gefolgt, nicht starr auf die nächsten Quartalszahlen zu achten, sondern vielmehr auf das Gestalten des aktuellen Jahrzehnts. Es fallen keine Investitionen nur deshalb unter den Tisch, weil sie ganz kurzfristig inopportun aussehen könnten, weder bei Maschinen noch im Marketing. Wir blicken stets mindestens auf die nächsten fünf Jahre.

GoingPublic: Wie „fair“ waren die Finanzmärkte in dieser Zeit zu Ihnen? Und die Medien, die Analysten?
Hollander
: Überwiegend fair, würde ich sagen. Überspitzungen an der Börse gab es natürlich, aber das war allgemeinen Marktentwicklungen geschuldet. Es gab Zeiten, da war CeWe sicherlich unterbewertet, und es gab Zeiten, das kann ich gerne zugeben, da war die Aktie auch mal überbewertet.

GoingPublic: Die Außendarstellung war aber oftmals geprägt von der Diskussion um die Zukunft der Analogfotografie. Wie oft mussten Sie in den letzten zehn Jahren das CeWe-Geschäft erläutern und richtigstellen?
Hollander
: Unsere Branche ist durch Technologietransformation ganz besonders durchgeschüttelt worden. Da gab es tatsächlich viele, die daran gezweifelt haben, ob CeWe überhaupt irgendeine Zukunft haben kann. Am besten ist natürlich, man überzeugt mit Ergebnissen: So haben wir die sich verändernde technologische Basis für uns genutzt, indem wir die Basics der digitalen Fotografie erlernt, das Internet zum Freund statt zum Feind gemacht, digitalen Druck hinzugenommen und nicht zuletzt das CeWe-Fotobuch als Marke positioniert haben. Vorher waren wir nur im Handel bekannt, nicht aber beim Endkunden. Das hat sich mit dem CeWe-Fotobuch dann ab 2005 geändert. Heute achten wir deshalb sehr auf die Außenwahrnehmung beim Endkunden, indem wir prominent werben oder uns in Sponsorings im Fußballbereich – von der 1. bis zur 3. Liga – engagieren.

Innovative Produkte wie das CeWe Fotobuch sollen auch in Zukunft dafür sorgen, dass das Unternehmen weiter durchstarten kann. Quelle: eapforum.ch

GoingPublic: CeWe Color konnte wachsen, während viele am Branchenwandel zugrunde gingen?
Hollander
: Innerhalb der letzten sechs Jahre haben wir ca. 100 Mio. EUR Umsatzplus erzielt. Gleichzeitig sind viele bekannte Markennamen der Fotobranche ausgeschieden, z.B. AGFA, Konica, Minolta, Kodak, um nur die bekanntesten Namen zu nennen. Unsere Fortschritte und Ergebnisse sind es letzten Endes, die die Leute überzeugt haben, nicht Argumente.

GoingPublic: Zu weit mögen Sie nicht in die Zukunft schauen, habe ich von Ihnen noch in Erinnerung, trotzdem würde ich …
Hollander
: Da haben Sie mich falsch verstanden: In die Zukunft zu schauen, ist für ein Management natürlich eine der wichtigsten Aufgaben!

GoingPublic: … dann soll es so sein: CeWe Color 2033? – wie wird Fotografie und wie werden Dienstleistungen um Fotografie dann aussehen Ihrer Ansicht nach, und natürlich CeWe Color als Unternehmen?
Hollander
: Oh, nein, tun Sie mir das nicht an – das weiß heute wirklich kein Mensch. Dafür wandelt sich die Branche zu schnell. CeWe verfolgt Fünfjahrespläne. Ich sage mal: Auf Sicht von drei Jahren fühlen wir uns mit den aktuellen Entwicklungen sehr wohl. Beim Zeitraum fünf Jahre haben wir auch ein gutes Gefühl. Wenn es hochkommt, blicken wir auf die laufende Dekade, die wir versuchen zu beeinflussen und mitzugestalten.

GoingPublic: Wie macht man das?
Hollander
: Indem man sich mit einigen Technologien beschäftigt, die heute noch in ihren Kinderschuhen stecken, aber in Zukunft vielleicht erwachsen werden könnten; indem man sich um zusätzliche Geschäftsmodelle kümmert; oder indem man sich um Start-ups oder Projekte kümmert, die anfangs nur einen kleinen, in zehn Jahren aber vielleicht einen großen Beitrag leisten können.

GoingPublic: Was zur Frage führt, ob CeWe innerhalb der Branche Getriebener aktueller Entwicklungen ist oder selbst antreibt?
Hollander
: Sowohl als auch. Innovationen sind eines der wichtigsten Themen bei CeWe, aber das werden Sie auch von anderen Firmen hören. Innovation heißt aber nicht, dass man alles selbst entwickeln muss; vielleicht gibt es eine gute Idee schon irgendwo auf der Welt, aber man kann sie aufgreifen, anpassen und die Sache besser machen. Das Fotobuch ist so ein Beispiel: Es war ursprünglich nicht unsere hauseigene Idee. Dann aber haben wir uns voll reingekniet und das Fotobuch entsprechend bekannt gemacht, nunmehr als CeWe-Marke. Bei einigen risikobehafteten Sachen lieber Second Mover, aber dann richtig.

GoingPublic: Herr Dr. Hollander, ganz herzlichen Dank für das interessante Gespräch!

Dieser Artikel ist erschienen im GoingPublic Magazin 1/2013.

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