Unabhängigkeit

Des Weiteren soll eine ausreichende Anzahl der Aufsichtsratsmitglieder unabhängig sein. Aktienrechtlich besteht keine ausdrückliche Regelung zur Unabhängigkeit.

Die Empfehlungen C.6 bis C.12 DCGK 2019 sehen vor, dass der Aufsichtsrat mit einer angemessenen Zahl unabhängiger Mitglieder (mehr als 50% der Aktionärsvertreter sollen unabhängig von der Gesellschaft und vom Vorstand sein) besetzt sein soll. Ein Aufsichtsratsmitglied ist nach dem DCGK 2019 unabhängig von der Gesellschaft und deren Vorstand, wenn es in keiner persönlichen oder geschäftlichen Beziehung zu der Gesellschaft oder deren Vorstand steht, die einen wesentlichen und nicht nur vorübergehenden Interessenkonflikt begründen kann. War ein Aufsichtsratsmitglied selbst oder ein naher Familienangehöriger des Aufsichtsratsmitglieds in den zwei Jahren vor seiner Ernennung Mitglied des Vorstands der Gesellschaft, unterhält er aktuell oder hat er in dem Jahr bis zu seiner Ernennung direkt oder als Gesellschafter oder in verantwortlicher Funktion eines konzernfremden Unternehmens eine wesentliche geschäftliche Beziehung mit der Gesellschaft oder einem von dieser abhängigen Unternehmen unterhalten (z.B. als Kunde, Lieferant, Kreditgeber oder Berater), ist er ein naher Familienangehöriger eines Vorstandsmitglieds oder gehört er dem Aufsichtsrat seit mehr als zwölf Jahren an, liegen nach dem Kodex Anzeichen für ein nicht unabhängiges Aufsichtsratsmitglied vor.

Transparenz der Kandidatenvorschläge

Gemäß § 124 Abs. 3 Satz 4 AktG sind bei dem Vorschlag zur Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern nur der Name, der tatsächlich ausgeübte (nicht der erlernte) Beruf sowie der Wohnort anzugeben. Auch diese Regelung wird durch das ARUG II unberührt bleiben.

Der Kodex empfiehlt die Vorlage eines aussagekräftigen Lebenslaufs, der jährlich aktualisiert auf der Website der Gesellschaft zu veröffentlichen ist (Empfehlung C. 14 DCGK 2019), sowie die Offenlegung der persönlichen und geschäftlichen Beziehungen eines jeden Kandidaten zum Unternehmen, den Organen der Gesellschaft und einem wesentlich an der Gesellschaft beteiligten Aktionär (Empfehlung C. 13 DCGK 2019).

Stimmrechtsberater erwarten insgesamt eine umfassende Darlegung der Qualifikation der Kandidaten, wie Werdegang, Alter, Eignung, Nationalität, Zeitpunkt Erstbestellung, Dauer und Ende der aktuellen Bestellung (so auch Empfehlung C.3 DCGK 2019), Angabe zu anderen Mandaten einschließlich etwaiger Börsennotierung bzw. Konzernzugehörigkeit sowie Angaben zu Sitzungsteilnahmen (so auch Empfehlung D.8 DCGK 2019), da ansonsten deren Wahl kritisch gesehen wird.

Gesamtprofil

Gemäß Grundsatz 11 DCGK 2019 ist der Aufsichtsrat so zusammenzusetzen, dass seine Mitglieder insgesamt über die zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Aufgaben erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und fachlichen Erfahrungen verfügen und die gesetzliche Geschlechterquote eingehalten wird.

Stimmrechtsberater sehen die Wahl von Kandidaten bereits dann kritisch, wenn deren Wahl zu einer mangelhaften Qualifikationsstruktur des Aufsichtsrats führen könnte.

Fazit

Bereits bei der Auswahl der Aufsichtsratskandidaten sind Diversity, Overboarding und Unabhängigkeit zu berücksichtigen. Gleichzeitig ist ein Augenmerk auf die Transparenz der Kandidatenvorschläge sowie auf das Gesamtprofil zu legen. Neben den gesetzlichen Vorgaben sind insbesondere die Empfehlungen des DCGK sowie die Vorgaben der Stimmrechtsberater zu beachten, da ansonsten die Gefahr besteht, dass vorgeschlagene Kandidaten nicht die erforderliche Mehrheit erhalten.

Dieser Artikel erschien zuerst in unserem HV- Magazin. Das aktuelle E-Paper finden sie hier

Autor/Autorin

Dr. Alexander Thomas ist Partner bei internationalen Wirtschaftskanzlei Pinsent Masons in München.
Dr. Alexander Thomas

Dr. Alexander Thomas ist Partner bei Pinsent Masons Germany LLP.

Markus Joachimsthaler
Anwalt at Pinsent Masons

Markus Joachimsthaler, LL.M., ist Senior Associate bei Pinsent Masons Rechtsanwälte Steuerberater Solicitors Partnerschaft mbB mit Schwerpunkt auf digitale Wertpapiere. Er berät Unternehmen und Unternehmer im Zusammenhang mit allen aktienrechtlichen und kapitalmarktrechtlichen Fragestellungen.