Sonderfall Grammer

Das Vorgehen der bosnischen Unternehmerfamilie Hastor bei Grammer passt dagegen in kein Schema. Handelt es sich bei aktivistischen Aktionären ansonsten im Allgemeinen um Finanzinvestoren, handeln die Hastors offenbar in strategischem Interesse. Schließlich gehört ihnen mit Prevent ebenfalls ein Automobilzulieferer. Der Streit mit Volkswagen, der im vergangenen Jahr bekanntlich zu einem Produktionsstopp beim Autobauer führte, dürfte vielen noch im Gedächtnis sein. Bei Grammer erwarben die Hastors über zwei Investmentvehikel rund 20% der Aktien und wollten diese nutzen, um den Aufsichtsrat umzubesetzen und dann schließlich den Vorstandsvorsitzenden Hartmut Müller abzusetzen. Dieses Vorhaben misslang bei der Hauptversammlung zunächst, da sich die anderen Aktionärsvertreter geschlossen gegen die Hastors stellten und die Präsenz mit rund 67% außergewöhnlich hoch war.

Damit ist die Geschichte jedoch noch nicht zu Ende. Schließlich wollen die Hastors offenbar bei Grammer investiert bleiben. Zudem hat ihr juristischer Vertreter Franz Enderle von der Kanzlei Bub Gauweiler & Partner bereits angekündigt, juristisch gegen die Stimmrechte des Grammer-Aktionärs Jifeng vorzugehen. Der chinesische Automobilzulieferer, vom Grammer-Management wohl als „Weißer Ritter“ auserkoren, war erst kurz vor der Hauptversammlung durch die Umwandlung einer Wandelanleihe auf eine relevante Beteiligung beim deutschen Unternehmen gekommen.

Die Familie Hastor hat es nicht nur geschafft, solche Abwehrmaßnahmen der Verwaltung zu provozieren, sondern auch eine seltene Koalition von Politikern, Arbeitnehmer- und Wirtschaftsvertretern gegen sich aufzubringen. Das scheint die Unternehmerfamilie jedoch nicht zu stören. Vielmehr hat Enderle bereits angekündigt, dass die Hastors bei Grammer investiert bleiben wollen.

M&A-Spezialist Elliott

Auf ein positives Image in der (deutschen) Öffentlichkeit scheinen die Hastors keinen allzu großen Wert zu legen. Das gilt in gewissem Maße ebenso für die aktivistischen Finanzinvestoren. Der wohl bekannteste unter ihnen, Elliott Management, ist für seine Hartnäckigkeit durchaus berüchtigt. Dabei hat sich der Hedgefonds besonders auf Übernahmekandidaten spezialisiert. In Deutschland bekamen dies Pharmahändler Celesio und Kabelnetzbetreiber Kabel Deutschland bzw. die jeweiligen Käufer McKesson und Vodafone zu spüren. Bei der Übernahme von Gildemeister durch DMG Mori Seiki mischte Elliott ebenfalls mit.

Bei SLM Solutions trug der Hedgefonds im vergangenen Herbst sogar dazu bei, dass das Übernahmeangebot durch General Electric nicht die erforderliche Zustimmungsquote unter den Aktionären erreichte. Immerhin auf 20% beläuft sich der Anteil von Elliott an SLM derzeit.

Ausblick

Die beste Strategie im Umgang mit aktivistischen Investoren ist eine gute Managementleistung – darauf weist auch der Economist hin. Denn diese Aktivisten werden immer dann tätig, wenn Sie bei einem Unternehmen Potenzial sehen. Voraussichtlich werden sie ihr Engagement in den nächsten Jahren weiter erhöhen. Besonders Deutschland mit seinen weitreichenden Aktionärsrechten und häufig hohen Streubesitzanteilen bietet gute Voraussetzungen für aktivistische Investoren. Ihre Maßnahmen sind dann darauf ausgelegt, dieses Potenzial auszuschöpfen. Gelingt dies, profitieren davon auch andere, eher passive Aktionäre.

Da aktivistische Investoren bei Managementfehlern den Finger in die Wunde legen, können auch die Unternehmen selbst von deren Engagement Vorteile ziehen. Im Film entpuppt sich „Elliot, der Drache“ als gutes Wesen. Der gleichlautende Hedgefonds führt zumindest nicht nur Böses im Schilde.

Der Artikel erschien zuerst im HV-Magazin 2-2017.

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