Die Akzeptanz des Corporate Governance Kodex unter Österreichs börsennotierten Unternehmen hat seit Beginn der Untersuchungen des Aktienforums kontinuierlich zugelegt.

Bei einer genaueren Analyse der Befolgungsquoten in den einzelnen Marktsegmenten fallen zudem teilweise erhebliche Unterschiede auf, die meist auf die unterschiedliche Größe der Unternehmen zurückzuführen sind: Beispielhaft sei hier die Regel C-16 (Bestellung eines Vorstandsvorsitzenden und Erlass einer Geschäftsordnung für den Vorstand) genannt, bei der man im Standard Market Auction eine Ablehnung von jeweils zwei Drittel der Unternehmen oder darüber sieht, in allen anderen Marktsegmenten jedoch eine Ablehnungsrate von (teilweise deutlich) unter 30%. Dies ist in erster Linie darauf zurückzuführen, dass kleine Unternehmen oft nur einen zwei- oder eingliedrigen Vorstand und dadurch keinen eigenen Vorstandsvorsitzenden haben sowie keine Geschäftsordnung für den Vorstand erlassen.

Eine ähnliche Situation ergibt sich bei der Regel C-18 zur Internen Revision: Die Abweichung bei ATX-Unternehmen ist hier verhältnismäßig gering (max. 10% im Jahr 2009) bzw. nicht vorhanden (2011), während über 60% der kleineren Unternehmen davon abweichen, weil sie keine Innenrevision haben.

Vergleich mit empirischen Ergebnissen in Deutschland

In Deutschland überprüft das Berlin Center of Corporate Governance jährlich im Auftrag der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex die Einhaltung des Deutschen Kodex (vgl. von Werder/Talaulicar: Kodex Report 2010: Die Akzeptanz der Empfehlungen und Anregungen des Deutschen Corporate Governance Kodex. In: Der Betrieb, Heft 16 vom 23.4.2010, S. 853 ff.)

Aufgrund der anderen Marktverhältnisse in Deutschland wird auf eine Inhaltsanalyse aller Geschäftsberichte börsennotierter Unternehmen verzichtet und stattdessen die Einhaltung des Kodex mittels Befragung ermittelt. Die Rücklaufquote liegt bei 29% (175 von 605 Unternehmen).

Obwohl sich die Untersuchungsmethoden unterscheiden, ähneln sich die Ergebnisse für den DAX und den ATX stark, das Gefälle nach Marktsegmenten ist in Deutschland jedoch deutlich größer: Im Gesamtmarkt werden durchschnittlich 86% aller Empfehlungen befolgt, im DAX liegt die Quote bei 96% (alle Daten aus: Kodex Report 2010). Bei den Anregungen liegt die Befolgungsquote im Gesamtmarkt bei 64%, im DAX bei 85%. (In Analogie zu den österreichischen C- und R-Regeln gibt es im DCGK so genannte Empfehlungen und Anregungen; Empfehlungsabweichungen sind zu begründen.) In beiden Kategorien beeinflusst also – ebenso wie in Österreich – die Unternehmensgröße die Befolgungsrate, welche bei größeren Unternehmen höher ist.

Auf besonderen Widerstand, nämlich eine mehrheitliche Ablehnung, stoßen in Deutschland zwei Bestimmungen: die Empfehlung über den Selbstbehalt bei D&O-Versicherungen und die Empfehlung zur Begrenzung der Leistungszusagen im Falle eines Kontrollwechsels.

Zusammenfassung/Ausblick

Die Akzeptanz des Österreichischen Corporate Governance Kodex hat seit Beginn der Untersuchungen des Aktienforums kontinuierlich zugelegt und ein insbesondere im internationalen Vergleich sehr hohes Niveau erreicht. Die Befolgungsquote von 95% (2011) im ATX liegt nur knapp hinter jener im deutschen Leitindex DAX (96%) im Jahr 2010. Auch das Bekenntnis zum Kodex selbst ist bei drei von vier untersuchten Emittenten (2011) außerordentlich hoch, wobei hier die internationalen Vergleichswerte (abgesehen von Deutschland) fehlen. Da sich mittlerweile 88% aller an einem inländischen geregelten Markt notierten Unternehmen zum Kodex bekennen, ist dieser praktisch allgemein akzeptiert und damit in der Unternehmenspraxis klar angenommen. Die konsequente Orientierung an der „best practice“ hat auch dazu geführt, dass strengere Regelungen per Gesetzesweg nicht notwendig sind. Die hohe Befolgungsquote unterstreicht dies zusätzlich.

Hinweis

Die vollständige Analyse der „Akzeptanz des ÖCGK im Zeitvergleich“ ist in der Jubiläumsausgabe „10 Jahre Österreichischer Corporate Governance Kodex“ des Österreichischen Arbeitskreises Corporate Governance zu finden. Der Jubiläumsband erscheint im Herbst 2012.

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