Das Management
Der 39jährige Deutschspanier Paulus Neef studierte in Madrid und Berlin Hispanistik, Publizistik und Marketing. Nach dem Studienabschluß im Jahre 1989 baute er zunächst einen Fernsehsender auf. 1991 gründete er dann Pixelpark. Neben seiner Rolle als Geschäftsführer seines Unternehmens ist er noch Präsident des deutschen Multimediaverbandes und auf europäischer Ebene Vizepräsident der European Interactive Media Federation. Dr. Jan Kantowski  promovierte an der renommierten Hochschule St. Gallen. Für Bertelsmann war der 31jährige beim Aufbau von AOL Australien tätig, bevor er schließlich zu Pixelpark wechselte.

Integrierter Ansatz
Pixelpark hat sich von einer New Media Agentur zum One-Stop-Shop entwickelt, bei dem vor der Umsetzung von Online-Konzepten eine ausführliche Strategieberatung steht. Die Struktur des Unternehmens hat sich somit erweitert und kann nun wie folgt beschrieben werden: Der hinzugenommene Bereich Strategie-Beratung bietet Consulting-Leistungen im Bereich Neue Medien und Intranet an. Der Bereich Agentur-Services gestaltet die so entwickelten Projekte und der Bereich Systeme und Technologie steuert schließlich die notwendigen technischen Plattformen bei. Dabei bleiben jedoch die Consultants bis zum Abschluß des Projektes mit im Boot und überwachen die Projektentwicklung. Würden die Consultants, wie bisher üblich, nur anfänglich Handlungsempfehlungen aufzeigen und die Umsetzung anderen überlassen, so würde die Ursprungsstrategie weniger effektiv durch das Projekt transportiert. Das Consulting-Geschäft ist zwar kompetitiver als die Pixelpark-Domäne Neue Medien, letztendlich bringt es aber eine sehr enge, umfassende und langfristige Bindung des Kunden. Gegenstand der Dienstleistungen von Pixelpark sind "High End-Lösungen" die eine effiziente Kommunikation mit Verbrauchern und Geschäftskunden gewährleisten und darüber hinaus Geschäftsprozesse optimieren sollen. So werden neben Kunden auch Lieferanten in das Konzept mit einbezogen. War Pixelpark ursprünglich im Business-to-Customer Bereich tätig, verlagert sich gegenwärtig ein wachsender Anteil der Aktivitäten auf den deutlich überproportional wachsenden Business-to-Business Bereich.

Rasches Umsatzwachstum in einem gigantischen Markt
Als Geschäftskunden möchte Pixelpark hauptsächlich Unternehmen aus den fünf folgenden Branchen adressieren: Neben Dienstleistern aus dem Finanzbereich, dem Handel sowie der Kommunikations- und Medientechnologie, sind es Hersteller von Markenartikeln und Unternehmen aus der Chemie und Pharmaindustrie. In Europa sieht Paulus Neef die schwedische Firma Icon Medialab als Hauptkonkurrenten. Daneben beobachtet er, daß zunehmend amerikanische Unternehmen versuchen, im europäischen Markt Fuß zu fassen. Ansonsten gibt es inzwischen zahlreiche kleinere Konkurrenten, die jedoch nicht den ganzheitlichen Ansatz von Pixelpark verfolgen und deshalb nur in Teilbereichen Wettbewerber sind. Allein in Deutschland gibt es inzwischen 2.000 Unternehmen im Agentur- und IT-Bereich. Die gesamte Dimension des Marktes kann Paulus Neef ebenso wenig abschätzen, wie den eigenen Marktanteil, da sich diese Größen wegen der überaus dynamischen Entwicklung der Branche ständig ändern. Der Pixelpark-Gründer sieht für die nächsten Jahre aber ein schier unbegrenztes Potential. Laut einer neuen Studie von Forrester Research sollen die im Internet generierten Umsätze im Jahr 2003 über 3.000 Mrd. US-$ erreichen. Gegenwärtig liegen sie noch weit unter 500 Mrd. US-$. Machte Pixelpark im Gründungsjahr 1991 noch unter 300.000 Euro Umsatz, so konnte man im vergangenen Geschäftsjahr 1998/99 bereits 20 Mio. Euro erlösen. Damit werden nationale Wettbewerber wie Kabel New Media mit einem 98er Umsatz von 6 Mio. Euro und ID-Media mit 4,8 Mio. Euro klar abgehängt. Wenn das hohe Umsatzwachstum in den nächsten beiden Jahren fortgeschrieben werden kann, ist 1999/00 bereits mit einer Umsatzgröße von bis zu 40 Mio. Euro und 2000/01 mit rund 75 Mio. Euro zu rechnen.

Nadelöhr Mitarbeiter
Die Grenzen des Wachstums werden durch die Mitarbeiter gesetzt, die nicht in ausreichendem Maße gefunden werden können. Neef läßt dennoch Sorgfalt bei jeder Neuverpflichtung walten. Jede Neueinstellung geht über seinen Schreibtisch. Besondere Sorge bereitet die Mitarbeiterakquisition in den Geschäftsbereichen Systeme und Technologien sowie Strategie-Beratung. Von den Universitäten sind IT-Fachleute nicht in ausreichendem Maße zu erwarten und im Bereich Consulting befindet man sich im ständigen Wettbewerb mit etablierten Unternehmensberatungen. Für Pixelpark ist es daher essentiell, geeignete Leute frühzeitig an das Unternehmen zu binden. Das Unternehmen hat deshalb auch Programme mit einigen Hochschulen initiiert, geht auf Absolventenbörsen und schafft Praktikantenstellen. Entscheidender Vorteil von Pixelpark als Arbeitgeber ist jedoch der hohe Bekanntheitsgrad. Jeden Monat schneien deshalb alleine 500 Initiativbewerbungen von Interessenten in das Berliner Büro. In den stilvoll renovierten Fabrikhallen im Berliner Stadtteil Moabit herrscht eine ungezwungene Atmosphäre. Das Fehlen von Durchgangswänden und Türen steht als Metapher für Offenheit und gelebte Kommunikation. Mobile Wände ermöglichen eine Raumeinteilung nach dem jeweiligen Bedarf. Paulus Neef selbst hat sein Chefbüro nur durch eine Glaswand vom Treiben seiner Mitarbeiter abgegrenzt. Zwischen allen Mitarbeitern, den Chef eingeschlossen, ist das "Du" üblich. Diese Atmosphäre schafft Offenheit und Transparenz und gefällt vielen High Potentials. Die Mitarbeiterfluktuation ist deshalb auch geringer als im Branchendurchschnitt.

Aggressives Wachstum
Trotz aller Sorgfalt bei der Auswahl der Mitarbeiter bezeichnet Neef das Wachstum von Pixelpark als "aggressiv". Die Zahl der Mitarbeiter belief sich im Juli 1999 auf 320. Der Großteil der Belegschaft ist in den deutschen Standorten Berlin, Hamburg, Köln und Stuttgart konzentriert. Der Rest befindet sich in den europäischen Niederlassungen Paris, Wien, Basel, Biel, Zürich und London sowie dem amerikanischen Standort New York. Die Entwicklung der Auslandsrepräsentanzen ist vielversprechend und es werden ständig neue Standorte in Angriff genommen. Ferner ist der Aufbau der Division Strategie-Beratung sehr vielversprechend. Zahlen zum Ergebnis werden noch nicht bekanntgegeben, jedoch schreiben die Berliner seit 1993 schwarze Zahlen. In diesem Geschäftsjahr wird dem positiven Ergebnis nach EBITDA jedoch voraussichtlich ein geringer Fehlbetrag gegenüberstehen, was auf die hohe Investitionstätigkeit im vergangenen Jahr zurückzuführen ist.

Bertelsmann als strategischer Partner
Anfang 1996 hat Neef sich mit Bertelsmann einen starken Partner ins Boot geholt. Die Entwicklung von Pixelpark war damals schon so vielversprechend, daß man möglichst rasch versuchen mußte, sich nachhaltig als wichtiger Player in der boomenden Branche zu etablieren. Anders als viele Start-Ups suchte sich Neef zur weiteren Wachstumsfinanzierung allerdings keine Venture Capital-Gesellschaft, sondern einen strategischen Partner. Man arbeitete damals bereits erfolgreich mit Bertelsmann und hatte einige Schnittstellen mit dem Konzern, so daß sich eine Ehe anbot. Bertelsmann erwarb dabei 75 % der Pixelpark-Anteile. Eine zu große Umsatzabhängigkeit vom Bertelsmann-Konzern bestreitet Neef jedoch. Lediglich 12 % des Umsatzes werden von Bertelsmann beigesteuert, wobei dieser Anteil aus verschiedenen, unabhängig operierenden Teilbereichen des Konzerns stammt.

Gründe für den Börsengang
Der Börsengang von Pixelpark wurde langfristig geplant und vorbereitet. Als Beweggrund führt Neef die mit der Absicht, europäischer Marktführer zu werden verbundenen Kosten an. Das Wachstum, das bisher überwiegend organisch war, soll zunehmend auch durch Aufkäufe forciert werden. Zudem bieten Stock-Options Programme interessante Möglichkeiten der Mitarbeitergewinnung, -bindung und -motivation. Das Emissionsvolumen solle durch eine Kapitalerhöhung im "üblichen Umfang" geschaffen werden.

Aussichten
Pixelpark setzt auf nachhaltiges Wachstum. Man konzentriert die knappen Ressourcen auf einen Kundenkreis, der gegenwärtig und wohl auch in Zukunft äußerst ertragreich und expansiv ist. Der Optimierungsbedarf in der Untenehmenskommunikation ist in diesen Branchen besonders hoch, da effektive Kommunikation für den Geschäftserfolg von Dienstleistern ein Muß ist. Das integrierte Konzept zielt auf langfristige, stabile und tiefgehende Kundenbeziehungen. Besonders im Consulting-Geschäft  ist allerdings die Konkurrenz der internationalen Unternehmensberatungen zu fürchten. Sollten die Pläne der Berliner jedoch aufgehen, so dürfte Pixelpark sicher auch langfristig seinem Status als Blue-Chip der Branche gerecht werden. Auch das allgemeine Problem des Mangels an qualifizierten Mitarbeitern hat man aufgrund der Bekanntheit besser im Griff als die Konkurrenz. Positiv zu werten ist in diesem Zusammenhang, daß die Teilhaber am Unternehmen, Neef und Bertelsmann, ihre Anteile an der Gesellschaft auch weiterhin halten werden.

Fazit:
Mit Pixelpark kommt ohne Zweifel eine Wachstumsperle an den Neuen Markt. An diesem Börsensegment sind die Bewertungen vergleichbarer Wettbewerber sehr hoch (sh. Tabelle). Legt man für Pixelpark vergleichbare Bewertungskriterien zugrunde, so dürfte das Unternehmen – einen kleinen Abschlag wegen der Größe eingepriced – mit dem 12fachen des 99er bzw. 6fachen des für 2000 erwarteten Umsatzes bewertet werden. Das am Neuen Markt tolerierte Bewertungsniveau läge für die Emission dann bei bis zu 450 Mio. Euro. Am Markt dürfte sogar das 10fache des für 2000 erwarteten Umsatzes – also 750 Mio. Euro – bezahlt werden. Im Vergleich mit internationalen Wettbewerbern wie der amerikanischen Razorfish, erscheint ein Bewertungsniveau über 550 Mio. Euro überteuert. Zöge man die sehr "günstig" bewertete Icon Medialab aus Schweden als Peer heran, läge der Marktwert von Pixelpark sogar unter 300 Mio. Euro. All das dürfte die Anleger am Neuen Markt jedoch nicht irritieren, so daß für die Emission trotzdem mit ordentlichen Zeichnungsgewinnen zu rechnen ist.

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