Deutschland hinkt im Bereich eHealth und Telemedizin im internationalen Vergleich weiter hinterher. Ungeklärte rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen, aber auch technologische Hürden machen Ärzten und betroffenen Patienten zuweilen das Leben schwer. Dabei ist längst erwiesen, dass die konsequente Anwendung von eHealth-Maßnahmen zu Kostensenkungen und einer besseren Versorgung führen. Die Politik hat Abhilfe versprochen und will noch in diesem Jahr ein eHealth-Gesetz auf den Weg bringen.

Experten sind sich einig: eHealth, die Nutzung moderner Informations- und Kommunikationstechnologien im Gesundheitsmanagement, kann zu einer erheblichen Qualitäts- und Effizienzsteigerung im Gesundheitswesen führen. Angesichts der zunehmenden Häufigkeit gerade chronischer Erkrankungen, allgemein hoher Kosten von Gesundheitsdienstleistungen bei wachsender Nachfrage sowie zunehmender Ressourcenknappheit, dazu gehören auch Schließungen von Krankenhäusern und Ärztemangel gerade in ländlichen Regionen, gilt die Telemedizin als einer der wesentlichen Schlüsselfaktoren für ein zukunftsweisendes Gesundheitswesen. Dabei kann eHealth zu einer treibenden Kraft für die Implementierung innovativer Produkte und Modelle werden, die nicht nur die Chancengleichheit für Ärzte und Patienten im Zugang zu Gesundheitseinrichtungen und Versorgungsmaßnahmen gewährleistet, sondern zugleich Erleichterungen im allgemeinen Projektmanagement bewirken. Ist die Kompetenz eines Arztes bislang an einen Standort gebunden, können Mediziner fortan standortungebunden tätig werden.

Suche nach Standards

Als Problem bei der konsequenten Umsetzung wird allgemein der Mangel an nationalen und internationalen Standards beklagt. Die Einführung von eHealth-Innovationen ist jedoch nicht nur eine Frage der Technologie oder bedarf der Klärung rechtlicher Fragen. Sie ist auch abhängig von der Denk- und Handlungsweise der verantwortlichen Akteure. Die eigentliche Verfügbarkeit technologischer Lösungen selbst wird überhaupt kaum beklagt. Schon lange wird in der Industrie der Fokus auf den technologischen Aspekt gelegt. Vielmehr müssen rechtliche Fragen geklärt werden, etwa zum Thema Datenschutz oder der eindeutigen Personen-Identifikation. Abhilfe soll ein eHealth-Gesetz bringen, welches das Bundeskabinett noch in diesem Jahr auf den Weg bringen will. Mit dem Gesetz will die Koalition vor allem den Datenfluss im Gesundheitswesen verbessern. Denn nicht nur die EDV-Systeme bei niedergelassenen Ärzten sind in vielen Fällen untereinander nicht kompatibel. Selbst innerhalb einer Klinikgruppe können Daten mitunter nicht zwischen einzelnen Abteilungen ausgetauscht werden. Laut einer Studie des Wirtschaftsprüfers PwC sind überhaupt nur 6% der deutschen Krankenhäuser mit Akutversorgung mit anderen Akteuren des Gesundheitswesens auf regionaler oder nationaler Ebene vernetzt. Zum Vergleich: In Dänemark, Island und Schweden liegt diese Quote bei gut 50%, in der gesamten EU sind immerhin 15% der Einrichtungen im Gesundheitswesen in ein einheitliches IT-Gesundheitsnetzwerk eingebunden.

Gröhe kündigt Abhilfe an

Hermann Gröhe, Bundesminister für Gesundheit
Hermann Gröhe, Bundesminister für Gesundheit

Auf dem 8. Nationalen IT-Gipfel nahm denn auch Bundesgesundheitsminister Gröhe zum geplanten eHealth-Gesetz Stellung. „Wir müssen die Möglichkeiten der Informationstechnologie für eine hochwertige Gesundheitsversorgung der Patienten noch stärker nutzen“, unterstrich Gröhe auf dem Treffen in Hamburg. „Deshalb arbeiten wir an einem eHealth-Gesetz.“ Der Minister verwies darauf, dass sich der IT-Sektor im Gesundheitswesen zu einem der stärksten Treiber für Innovationen in der Versorgung entwickelt habe. So hätten Informationstechnologien dazu beigetragen, dass sich die Gesundheitsbranche zu einer Wachstumsbranche auf Expansionskurs mit mehr als 5 Mio. Arbeitsplätzen entwickelt habe. „Schon heute können Menschen mit chronischen Erkrankungen oder nach einem Schlaganfall durch Telemedizin-Anwendungen besser medizinisch begleitet werden“, sagte der Bundesgesundheitsminister. Die Telemedizin könne dazu beitragen, das Leben insbesondere von chronisch kranken oder älteren Menschen in deren gewohnter Umgebung angenehmer zu gestalten oder gar zu verlängern. Auch könnten Spezialisten ihre Expertisen zur Versorgung von Patienten aus Universitätskliniken mittels Telemedizin an ihre Kollegen in kleineren oder entfernteren Krankenhäusern zur Sicherstellung der Grund- und Regelversorgung weitergeben. In der Tat: Die Vorzüge der Telemedizin wurden oft benannt und sind weithin bekannt. Doch über Einzelheiten des geplanten Gesetzes zu diesem Thema wollte sich der Minister nicht äußern. Folglich müssen Ärzte und Patienten, Entwickler und Produzenten (und auch Investoren) weiter ausharren, bevor wohl im Dezember der Gesetzentwurf der Öffentlichkeit vorgestellt wird.

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