Zum DIRK IR-Corner:
Die monatliche Rubrik im GoingPublic Magazin greift in Zusammenarbeit mit dem DIRK – Deutscher Investor Relations Verband e.V. aktuelle Themen auf, die Investor Relations-Verantwortliche in deutschen Aktiengesellschaften bewegen und bietet so eine Diskussionsplattform für relevante IR-Thematiken.


Investitionsentscheidungen von Aktien- und Bondinvestoren beruhen nicht nur auf objektiven Kennzahlen, sondern sind zu einem Großteil auch durch subjektive Faktoren, wie zum Beispiel Vertrauen, bestimmt. Dieses lässt sich vor allem durch einen aktiven Kommunikationsprozess generieren und weiter ausbauen. Im Rahmen eines Praxisworkshops des DIRK bei RWE in Essen diskutierten Investoren, Credit-Analysten, Rating-Analysten und IR-Manager von Bondemittenten über die aktuelle Praxis und Erwartungen an die Investor Relations (IR) auf der Fixed Income-Seite.

Bondholder erwarten eine aktive Informationspolitik

Nach Ansicht der Investoren ist Fixed Income-IR in der Praxis noch deutlich ausbaufähig. Bondinvestoren wünschen sich in vielen Fällen, insbesondere bei den nicht börsennotierten Unternehmen, eine höhere Kommunikationsbereitschaft. Sie vermissen selbst übliche Informationen wie zum Beispiel Jahresberichte oder Pressemitteilungen auf der Unternehmenshomepage. Es sollten aber nicht nur die Basisdaten zur Verfügung gestellt werden. Vorbildlich sind große börsennotierte Unternehmen, die ihren Bondinvestoren in der Regel – schon aufgrund der Transparenzanforderungen im Prime Standard der Deutschen Börse – ein sehr gutes Informationsangebot machen.

Unternehmen sollten außerdem Commitments zu ihren Ratings abgeben und die dazu passende nachhaltige, langfristige Finanzpolitik betreiben. In diesem Fall könnten beispielsweise bei Akquisitionen schlechtere Kennzahlen als vorübergehend eingestuft werden und somit die Finanzierungskonditionen nicht durch einen Margenanstieg belastet werden.

Bondinvestoren erwarten im Übrigen die gleiche Behandlung wie Aktionäre. Für den Kapitalmarkt gebe es nur eine „Unternehmensstory“. Eigentümer und Bondholder haben grundsätzlich den gleichen Informationsbedarf, der sich nur teilweise durch unterschiedliche Schwerpunkte unterscheidet. Als Faustformel gilt: Je höher das Investitionsrisiko, desto mehr IR-Aktivitäten sind erforderlich.

Ratingagenturen verlangen stärkeren Informationsaustausch
Ratingagenturen erwarten mindestens einmal im Jahr einen ausführlichen Informationsaustausch sowie einen „Kurzkontakt“ pro Quartal. Themen sind die aktuelle Geschäftsentwicklung, die Finanzierungspolitik und die Sicherheiten im Rahmen der Finanzierung (Covenants). Informationen müssen einheitlich sein und dürfen sich nicht widersprechen (One Voice Policy). Gerade die Vernachlässigung des letzten Punktes erzeugt bei Ratingagenturen Misstrauen. Ähnlich wie die Investorenseite betonen Ratingagenturen die Bedeutung der Selbstverpflichtung der Unternehmen zu einer bestimmten Finanzpolitik, z. B. im Hinblick auf mögliche Akquisitionen. Es wird erwartet, dass einmal abgegebene Versprechungen – historisch nachweisbar – auch eingehalten werden.

Viel getan – doch noch lange nicht am Ziel
Viele Unternehmen in Deutschland nehmen Fixed Income-IR sehr ernst und treiben Maßnahmen zur Investorenpflege aktiv voran. Dennoch hat die Diskussion gezeigt, dass Fixed Income-IR zu weiten Teilen noch in den Kinderschuhen steckt. Die Unternehmen selbst sehen sich auf einem guten Weg. Dabei wird der Adressatenkreis durchaus unterschiedlich interpretiert. Die Kommunikation mit Anleihe-Analysten und -Investoren ist bei den nicht börsennotierten Unternehmen vor allem vor und während der Emission einer Anleihe ein wichtiges Thema. Im Tagesgeschäft dominieren Gespräche mit Banken und Ratingagenturen. Die großen börsennotierten Daueremittenten sehen viel stärker auch Anleihe-Analysten und -Investoren im Fokus ihrer Aktivitäten. In einem Beispielfall wurde nachgewiesen, dass mit einer glaubwürdig kommunizierten stabilen Finanzpolitik im Zuge verschiedener Kapitalmarktransaktionen der jüngeren Vergangenheit trotz verschlechterter Kennzahlen das Rating gehalten werden konnte.

Fixed Income-IR: Kapitalmarktkommunikation und mehr
Nach Ansicht erfahrener IR-Manager muss die Kommunikation mit dem Finanzmarkt auch dann geführt werden, wenn gerade keine Transaktion ansteht. Im Sekundärmarkt zeige sich die wirkliche Kommunikationsstärke des Unternehmens. Angesichts der eher breit angelegten Ausrichtung der Bond-Analysten, die viel mehr Unternehmen betreuen als die Aktienanalysten, dürfe man nicht auf Anfragen warten, sondern müsse aktiv auf die Analysten zugehen. Mindestens für sehr große börsennotierte Daueremittenten wird eine aktive, auch organisatorische Einbindung der Kommunikation mit Anleihe-Analysten und -In­vestoren in die bestehenden IR-Aktivitäten auf der Aktienseite empfohlen.

Fazit
Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die Kapitalmarktkommunikation darauf gerichtet sein muss, die Transparenz und das Vertrauen der Investoren in die Stabilität und die dauerhafte Zahlungsfähigkeit des Unternehmens als Emittenten dieser Finanzprodukte bzw. als Kreditnehmer zu stärken. Das Ziel muss hierbei eine ganzheitliche Ansprache aller Geldgeber sein, gepaart mit einer transparenten Informations- und Unternehmenspolitik. Dafür muss sichergestellt sein, dass die Kapitalmarktkommunikation inhaltlich, zeitlich und in ihrer Kontinuität aus einem Guss erfolgt – unabhängig davon, ob sie sich an die Aktien- oder Bondseite wendet.

Dieser Beitrag erschien im GoingPublic Magazin 4/2007.

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