Heutzutage bieten die beiden größten Internet-Provider in Deutschland, die deutsche T-Online und die US-amerikanische AOL, ihren Kunden Internet-Flatrates für ca. 80 DM im Monat an. Um den beiden „Großen“ die Kunden abspenstig zu machen, versuchten lokale Provider, mit niedrig angesetzten Dumping-Flatrates User zu ködern. Das gelang auch, endete aber finanziell desaströs. Weil das Verhalten der sogenannten Poweruser unterschätzt wurde, verfingen sich die Anbieter in der selbst gedrehten Preisspirale. Umgehend mußten sich die meisten Dumper zurückziehen bzw. kurzerhand die Preise für hauseigene Flatrates verdoppeln.

Das Problem für die „Kleinen“: Die Eigenkosten setzen sich aus der Miete für die bestehenden Verbindungen – diese gehören z.B. der Deutschen Telekom, der France Telecom und der British Telecom – und dem Abrechnungstakt in Minutendauer zusammen. Wenn jedoch einige Internet-Freaks den Zugang mit einer Standleitung verwechseln, bricht die Kalkulation des Anbieters zusammen. Über 600 DM pro Monat kostet ein Poweruser bei den derzeitigen Abrechnungstarifen, die die Deutsche Telekom diktiert. Bei einem Angebotspreis von 80 DM für den Kunden ein überaus kostspieliges Geschäft.

Die Regulierungsbehörde sah sich daher genötigt, das unternehmerische Risiko schnellstens umzuverteilen. Die bisherige Praxis, zwischen (teurer) Haupt- und Nebenzeit zu unterscheiden, wurde untersagt. Es stellte sich heraus, daß sich die Nutzungszeiten längst einigermaßen konstant über den gesamten Tag verteilen. Die Deutsche Telekom muß den Internet Providern nun neue Angebote vorlegen. Dabei ist vom Regulierer in erster Linie ein ganz neues Tarifmodell angedacht, das gegebenenfalls die (für Anbieter) riskante, da schwer prognostizierbare Minutentakt-Abrechnung überflüssig machen soll. Doch damit läge der Schwarze Peter auf Seiten der Telekom.

Klar, daß sich der Rosa Riese diese Stiefel nicht anziehen möchte. Schließlich besteht die Gefahr, daß ein Großteil der Anmieter-Finanzprobleme an der Deutschen Telekom hängen bleibt. „Einen neuen Pauschaltarif vorlegen“ heißt nämlich, daß man de facto einen günstigeren Tarif als bisher präsentieren solle. Doch daraus ergibt sich schon das nächste Problem: User wittern günstigere Flatrates und drängen verstärkt ins World Wide Web. Die bestehenden Leitungen sind bereits einigermaßen ausgelastet. Die Deutsche Telekom wäre unter Umständen gezwungen, die derzeitige Infrastruktur aufzurüsten. Die schmalbandigen Telefonnetze haben aber längst das Zeitliche gesegnet. Langfristig wird man sich ohnehin über das breitbandige ASDL-Kabel Zugang zum Internet verschaffen – Investitionen in eine antiquierte Technologie kämen der Telekom alles andere als gelegen.

Alles in allem wieder einmal eine wenig erbauliche Situation für das Mutterschiff Deutsche Telekom und ihre führungslos dahinschippernde Tochter T-Online. „Selbstverständlich“ werde man das Urteil der Regulierungsbehörde anfechten – was aber nichts daran ändern kann, daß über Flatrates und den Ist-Zustand der Internet-Nutzung generell nachgedacht werden muß. Was offenbar nicht bedacht oder gar ignoriert wurde: Mit der Flatrate selbst ändert sich das Nutzungsverhalten. AOL bremste in Frankreich Poweruser aus, indem die Nutzungszeiten kurzerhand eingeschränkt wurden. Falls dies tatsächlich die Lösung sein sollte, wird der Internet-Gemeinde künftig ein rauher Wind entgegenwehen. Kann man dann eigentlich noch von einer Flatrate sprechen? Jetzt ist erst mal die Deutsche Telekom am Zuge.

Die GoingPublic-Kolumne erscheint börsentäglich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

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