Norbert Eisenberg, Managing Partner, Boyden Interim Management

Viele Familienunternehmen meistern bereits heute erfolgreich die Herausforderungen der Globalisierung. Sicher, für das eine oder andere Familienunternehmen – beispielsweise für eine regionale Brauerei – kann die lokale Strategie nach wie vor richtig sein. Viele Familienunternehmen besetzen lokale Nischen und sind im deutschen Markt sehr gut aufgestellt. Aber auch erfolgreiche deutsche Familienunternehmen sollten sich immer wieder fragen, ob ihr Geschäft morgen noch regional funktioniert und ob sie nicht international Chancen verpassen. Gerade technologiegetriebene Unternehmen können sich dem internationalen Wettbewerb gar nicht entziehen. Einige deutsche Unternehmen haben als „Hidden Champions“ ihre Marktnische bereits klar definiert und besetzen in internationalen Märkten fest ihre Position.

Ungeahnte Möglichkeiten

Die Internationalisierung eröffnet vielen Familienunternehmen große Chancen, die zum Teil noch ungenutzt sind. Die Gründe hierfür sind ganz unterschiedlich: Zum Teil fehlt das Know-how im Unternehmen, das nötig ist, um z.B. eine neue Betriebsstätte auf einem fremden Kontinent zu errichten und zu betreiben. Nicht jeder Familienunternehmer hat ein umfassendes Verständnis der fremden Märkte, und letztendlich scheuen auch manche davor zurück, Einflüsse fremder Kulturen in ihr Unternehmen einziehen zu lassen. Auch die Finanzierung der Globalisierung will gewährleistet sein. Die Hausbank ist für diese Themen nicht immer der richtige Finanzpartner. Ob das Eigenkapital mit den internationalen Vorhaben mithalten kann oder Mittelstandsanleihen herausgegeben werden, diese Fragen gehören zur Vorbereitung ebenso dazu wie auch die Abklärung, ob evtl. die Finanzierung über Auslandsmärkte das Richtige ist, und müssen vom Management beurteilt und entschieden werden.

Familienunternehmen, die offen sind für die Internationalisierung, benötigen hochqualifizierte und international ausgebildete Führungskräfte, die das entsprechend benötige Know-how vorweisen. Nur so können sie sich im internationalen Wettbewerb bei immer kürzer werdenden Produktionszyklen dem immer härter werdenden Wettbewerb stellen. Schnelligkeit und Flexibilität sind gefragt, und wenn im eigenen Unternehmen die benötigten Ressourcen fehlen, kann ein Interim Manager mit genau dem in der Situation benötigten Know-how kurzfristig helfen.

Richtige Mitarbeiter unabdingbar

Die Anforderungen an Führungskräfte in Familienunternehmen werden mit der fortschreitenden Internationalisierung der Märkte weiter zunehmen. Die richtigen Mitarbeiter, die das Potenzial zur Führungskraft haben, zu finden und sie für das Familienunternehmen zu gewinnen, ist eine der großen Herausforderungen. Es ist ein Trend zu beobachten, dass auch der Mittelstand ähnliche Kriterien bei der Auswahl der Führungskräfte ansetzt wie Großunternehmen und vor allem international ausgebildete junge Nachfolger sucht. Manche Familienunternehmen haben bereits vorgesorgt: Die jetzt heranwachsende Nachfolgegeneration hat neben Universitätsabschlüssen von deutschen Hochschulen meist auch Studiengänge an internationalen Managementschulen und häufig auch einen längeren Auslandsaufenthalt absolviert. Englisch wird nach und nach als Unternehmenssprache akzeptiert, und damit ist die erste Voraussetzung für die Internationalisierung geschaffen.

Quelle: Panthermedia, Mongkol Chakritthakool

Für die anderen gilt es, sich im internationalen Bewerbermarkt zu behaupten. Die besten Führungskräfte im internationalen „War for Talents“ zu gewinnen, ist gerade für inhabergeführte Familienunternehmen nicht einfach. Und der Mittelstand – dazu zählt letztendlich ein Großteil der Familienunternehmen – hat sich bisher zu wenig als attraktiver Arbeitgeber für Spitzenmanager positioniert. Dass „Employer-Marketing“ beim Mittelstand bisher wenig Bedeutung hatte, macht sich bemerkbar: Viele Top-Manager lassen sich immer noch vom Eigentümerverhalten abschrecken. Wer davon ausgeht, dass bei einer Meinungsverschiedenheit immer das Kapital siegt, wird sich eher selten für ein Familienunternehmen entscheiden. Das Frustrationsrisiko ist einfach zu groß.

Familienunternehmer, die Top-Führungskräfte gewinnen wollen und ihre Nische erfolgreich definiert haben, sind erfolgreicher denn je. Manche Familienunternehmen sind in dieser Hinsicht bereits heute sehr professionell, wie beispielsweise das Hochtechnologieunternehmen Trumpf. Unternehmenslenkerin Nicola Leibinger-Kammüller kann überzeugend vermitteln, dass sie eine erfolgreiche Top-Managerin ist und ihr Unternehmen im internationalen Markt vertreten ist. Es ist kein Zufall, dass das Unternehmen auf diesem festen Fundament die besten Führungskräfte anspricht und damit auch international erfolgreich ist.

Fazit

Ein Generalrezept für Familienunternehmen in der Globalisierung gibt es nicht. Allerdings scheint sicher, dass der internationale Wettkampf vielen Familienunternehmen ein zunehmend höheres Maß an Kreativität und Professionalität abverlangt, ihnen aber gleichzeitig neue Chancen eröffnet. Wenn Familienunternehmen Innovationskraft und professionelles Personalmanagement vermitteln können, werden sie auch im internationalen Wettbewerb die besten Führungskräfte gewinnen können. Denn Familienunternehmen wurden bisher häufig vom Führungskräftenachwuchs unterschätzt. Gerade in Familienunternehmen sind Gestaltungs- und Umsetzungsfreiheit oft aufgrund flacher Hierarchien sehr groß. Eine beruflich stabile Umgebung, wie sie in den meisten Familienunternehmen gegeben ist, bieten Top-Managern also letztendlich oft deutlich attraktivere Karrierechancen.

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