So hatten hier viele nicht gewettet: Asien, speziell Südostasien mit seinen temporär wieder genesenen Wirtschaften wie Thailand und Südkorea zuzüglich China, ist der Tummelplatz für westliche High Tech-Konzerne. Überdurchschnittlich hohe Wachstumsraten locken Investoren und Spekulanten. Doch die Zauberlehrlinge in Fernost haben längst ihre Lektionen von ihren vermeintlichen Lehrern gelernt.

Der durchschnittliche Tageslohn in China liegt bei rund 5 US-$. Da läßt sich offenkundig günstig produzieren. Der Tummelplatz zum Beispiel für westliche Mobilfunkkonzerne ist aber erwachsen geworden, die Lehrmeister haben ausgedient. 200 Mio. Handy-Kunden hätte das Reich der Mitte zu bieten. Aber auch einen landeseigenen Produzenten, Bird. Motorola hat seine führende Marktposition in China bereits an die Küstenstädter abgetreten, deren Umsatz im ersten Quartal um über 200 % explodierte. Nach 7 Mio. Handys im letzten Jahr will Bird im laufenden Jahr mindestens doppelt so viele absetzen.

Und die Voraussetzungen dafür sind gegeben. Im laufenden Jahr überschwemmt Bird den Markt mit 30 neuen Modellen, was die Erneuerungsfrequenz auf das Doppelte der westlichen Protagonisten schraubt. 30 % Marktanteil auf mittlere Sicht scheinen realistisch, und die chinesische Regierung möchte die heimischen Produzenten dem Vernehmen nach unterstützen.

Hochmut kommt vor dem Fall. Nach Aussagen eines Managers bei Nokia wird bezweifelt, daß ein weltweit führender Handy-Produzent aus China kommen könnte. Da sollte man besser nicht drauf wetten, denn schon Siemens hat seinen Marktanteil von 10 % im Laufe eines Jahres halbieren sehen und auch Motorola (noch 25 %) hat viel zu verlieren. Erstmals kauften Chinesen im ersten Halbjahr 2003 mehr Handys von lokalen Anbietern als von Ausländern.

Hinzu kommen Samsung und LG Electronics, beide aus Südkorea. Aus Sicht von Nokia, Ericsson, Siemens und Motorola gibt es also Anlaß genug, sich ernsthafte Sorgen um freie oder vorhandene Marktanteile zu machen, worauf die GoingPublic Kolumne nun wahrlich nicht zum ersten Mal aufmerksam macht. Ein Vergleich der Umsatz- und Gewinndynamik – obwohl man bei letztgenannten davon schon längst nicht mehr reden kann – spricht Bände. Der Mobilfunksektor wird nicht die einzige Branche bleiben, in der Chinas Produktion Deflation exportiert. Und das ist einer der ganz wesentlichen Gründe, warum die Unternehmensgewinne zahlreicher westlicher Blue Chips weit hinter den optimistischen Prognosen zurückbleiben werden. China war gern gesehen als Wirt für Produktionsstandorte – jetzt stellt man fest, daß man die Rechnung ohne den Wirt gemacht hat.

Die GoingPublic Kolumne erscheint zweimal wöchentlich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

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