DIRK CornerSeit Anfang 2018 ist mit MiFID II die Bündelung von Dienstleistungen durch Broker für institutionelle Anleger aufgehoben. Dies wirkt sich auch auf zentrale Dienstleistungen der Broker für Emittenten aus. Von Joerg Hoffmann

Bisher wurden zum Beispiel Roadshows durch Kommissionszahlungen mit abgegolten und waren nur implizit bepreist. Unter den neuen Regeln müssen nun Broker die Organisation und Durchführung von Konferenzen und -Meetings im Rahmen von Roadshows den Anlegern in Rechnung stellen. Manche Broker betonen weiterhin, dass die neuen Regelungen keinen Einfluss auf ihre bisherige Praxis haben. Allerdings deuten -erste Erfahrungen darauf hin, dass sich durchaus Änderungen ergeben und die -Anleger bereits entsprechend reagieren. Das zeigt sich jüngst in der Präsenz auf Konferenzen, aber auch in Anlaufschwierigkeiten bei der Durchführung von Roadshows. Trotzdem werden neue, größere Konferenzen aufgesetzt, auch um den -Corporate Access ökonomischer zu organisieren, als das in Form von vielen Einzelroadshows möglich wäre. Anleger konzentrieren sich jedoch nur auf wenige -zahlungspflichtige Großveranstaltungen. Das hat bereits erste Auswirkungen auf kleinere Konferenzen sowie auf Veranstaltungen an Nebenplätzen.

Nach MiFID II haben viele Anleger ihr kostenpflichtiges Research-Portfolio deutlich eingedampft, meist beziehen sie nur noch von drei bis vier Brokern Research. Spiegelbildlich findet sich das bei den Emittenten wieder, wo eine sinkende Zahl von Analysten meinungsbildend wirkt.

Bei den Brokern positionieren sich große Häuser mit attraktiven Preisen für den einfachen Zugang zur Research–Datenbank als Einstiegsmodell. Preislich differenziert wird dann mit weiteren Dienstleistungen (Kontakt zum Analysten, Teilnahme an Konferenzen, Reverse Roadshows etc.). Diese aufkommende -Praxis setzt insbesondere kleinere und spezialisierte Broker unter Druck. Angesichts des verschärften Wettbewerbs -zögern viele Anleger verständlicherweise mit dem Abschluss von Verträgen mit den Brokern. Dies führt wiederum zu ersten Problemen in der Organisation von Roadshows, wenn Broker von angesprochenen, aber (noch) nicht vertraglich gebundenen Kunden keine Antworten und auch keine Absagen mehr erhalten.

Allerdings haben auch die Broker sich in den letzten Jahren zunehmend auf ihre größeren Kunden konzentriert. In der -Folge bedeutet also die Entscheidung -eines Emittenten für eine Roadshow an -einem bestimmten Ort in Kombination mit einem bestimmten Broker nicht mehr den Zugang zu allen potenziellen Zielinvestoren an diesem Ort. Zusehends steht hier das Kundenportfolio des Brokers im Vordergrund. Erste Unternehmen berichten von Konflikten, wenn sich eigene Großaktionäre nicht auf den Kundenlisten des jeweiligen Brokers wiederfinden und -damit von der Roadshow ausgeschlossen werden sollen.

IR wird komplexer, aber auch offensiver

Damit wird das Targeting, also die Auswahl anzusprechender Zielinvestoren, für den Emittenten zunehmend komplexer – nicht zuletzt, weil einzelne Broker mit verringerten Kundenlisten nicht mehr volle Einsicht in den Flow der Aktie haben. Für den Erfolg einer Roadshow ist aber die Kenntnis des Handelsbuches unabdingbar.

Roadshows zwischen Brokern zum -Beispiel nach Tagen zu splitten ist ein Weg, um diese Komplexität zu beherrschen. Erste Erfahrungen zeigen, dass manche Emittenten mit dem Verzicht auf direkte Einbindung von Brokern durch vollständig selbstorganisierte Roadshows erfolgreich sind. Ein Handicap ist hier -allerdings die fehlende Einsicht ins Handelsbuch, das auch spezialisierte Dienstleister, die selbst keine Broker sind, nicht beheben können. Selbst organisierte Roadshows sind daher sicherlich der richtige Weg, bereits existierende Aktionäre zu bedienen. In den meisten Fällen reichen solche Bestandsaktivitäten aber nicht aus, um die Ziele der IR-Abteilungen nach diversifizierten und frischen Aktionärsregistern zu bedienen, und sollten durch brokergestützte Aktivitäten ergänzt werden, um neue Aktionäre zu gewinnen. Dazu gehört für die Broker, ihren Kunden den Weg zu den Emittenten zu ebnen und den Zugang zum Kundenportfolio besser zu strukturieren. Manche Emittenten -berichten von einer neuen Form der -Einbindung der Broker in die Roadshows, indem mit verschiedenen Brokern zunächst Ziele gemeinsam erarbeitet werden und dann die Roadshow broker-unabhängig organisiert wird. Dies erlaubt dem Broker, zielgerichtet das kostenpflichtige Research anzubieten.

Emittenten berichten außerdem von zunehmenden Anfragen zu Reverse -Roadshows sowie von zunehmenden -Direktkontakten durch Investoren. Innovative, kleinere Broker antworten mit dem Konzept reisender Konferenzen, bei dem Gruppen von Emittenten verschiedene Orte gemeinsam besuchen. Mehrere -große institutionelle Anleger bauen -derzeit eigene Corporate-Access-Abteilungen auf, die unabhängig und broker–übergreifend den Zugang zu Emittenten organisieren sollen.

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