Auch 2017 dürften zahlreiche Medikamente zugelassen werden und die Profitabilität der Biotech-Unternehmen weiter zunehmen. Durch Investitionen in ihre Forschungspipelines könnten sich immer mehr Unternehmen zu breit aufgestellten, rentablen und wachstumsstarken Titeln entwickeln. Von Dr. Daniel Koller, BB Biotech AG

Mit der Normalisierung der Volatilität an den Aktienmärkten dürften sich mehr Unternehmen strategisch positionieren, indem sie ihre Pipelines ausbauen und ihre Position durch gezielte Akquisitionen und Allianzen stärken. Mögliche Veränderungen des US-Steuersystems könnten diese Aktivitäten sogar noch weiter beschleunigen.

Zweistelliges Umsatzwachstum dank Produktlancierungen

Der Anlegerfokus richtet sich endlich wieder auf die neuen Produktzyklen und die während der vergangenen Quartale eingeführten Produktklassen. Die Dynamik des weltweiten Hepatitis-C-Marktes (HCV) befindet sich im Wandel. Gilead hat mit seiner HCV-Franchise jährlich zweistellige Milliardenumsätze erzielt. Es zeichnet sich jedoch inzwischen ein rückläufiger Umsatztrend ab. Sonstige neue Wirkstoffe und Wirkstoffklassen im Fokus der Anleger sind Produkte Praluent (Regeneron/Sanofi) und Repatha (Amgen) sowie die weltweite Markteinführung von Orkambi (Vertex). Von erheblichem Interesse für das Portfolio der BB Biotech AG ist beispielsweise ist die Lancierung Spinrazas, das Ende Dezember 2016 in den USA für die Behandlung von Patienten mit spinaler Muskelatrophie (SMA) zugelassen wurde.

Daniel Koller, BB Biotech AG
Daniel Koller, BB Biotech AG

Höhere Visibilität bei Forschungspipelines

Die Biotech-Branche zeichnete sich in den vergangenen Jahren durch eine Vielzahl von Produktzulassungen und äußerst erfolgreichen Produktlancierungen aus. Allein im Jahr 2016 erhielten 22 neue Produkte die US-Marktzulassung. Davon stammten elf aus dem Biotech-Sektor. Die Europäische Arzneimittelagentur hat 2016 insgesamt Empfehlungen für 27 neue Arzneimittel ausgesprochen, von denen acht von Biotech-Unternehmen stammen. Dank steigender Umsätze können Biotech-Unternehmen ihre Unabhängigkeit bewahren und weiter in Ausbau und Diversifizierung ihrer Pipelines investieren.

Strategische Positionierung und Konsolidierung

2016 investierte Celgene weiterhin kräftig in die Diversifizierung seiner Pipeline durch Gründung von Joint Ventures wie etwa die jüngste Kooperation mit Agios im Bereich der stoffwechselbedingten Immunonkologie. Das derzeitige Anlegerinteresse an Gilead gilt dessen Kapitalallokation, nachdem das Unternehmen in den letzten drei Jahren Cashflows in zweistelliger Milliardenhöhe erzielt hat. Es ist davon auszugehen, dass Gilead seine Pipeline durch weitere Akquisitionen im Bereich antiviraler Wirkstoffe sowie Onkologie und seltene Krankheiten stärken wird. Wir erwarten auch eine Belebung des Interesses an notierten Biotech-Unternehmen, sobald die Marktvolatilität nachlässt und die angekündigte US-Gesundheitsreform konkretere Formen annimmt. Da die Nachfrage nach innovativen Produkten weiter anhält, stellen kleine und mittelgrosse Innovationsführer und Unternehmen mit wertvollen Produkten attraktive Übernahmeziele dar.

Arzneimittelpreise und regulatorisches Umfeld weiterhin im Fokus

Die öffentliche Debatte um das US-Gesundheitssystem, den Zugang zur Gesundheitsversorgung und deren Bezahlbarkeit wird vermutlich anhalten. Obwohl kaum jemand in Frage stellt, dass Investitionen in Innovationen attraktive Renditen erfordern, ist der öffentliche Druck auf Spezialitäten-Pharmaunternehmen wegen mehrerer Vorfälle gestiegen. So haben Unternehmen die Rechte an seit Langem vermarkteten Produkten erworben und deren Preise massiv angehoben und damit den klassischen „Investitions- und Ertragszyklus“ auf den Kopf ­gestellt. Eine noch größere Bedeutung als der Preissetzungsmacht kommt einem vorhersehbaren und gut funktionierenden regulatorischen Umfeld zu. Derzeit tauscht sich die US-Zulassungsbehörde FDA mit der Industrie aus, um das Prüfverfahren zu verbessern. Da der Biotech-Sektor in den USA einen wichtigen Beitrag zur US-High-Tech-Industrie leistet, glauben wir, dass innovative Produkte in den USA weiterhin attraktive Preise erzielen und angemessen vergütet werden.

Zahlreiche Studienergebnisse und Produktzulassungen mit Katalysatorfunktion

Auch von den Portfoliogesellschaften der BB Biotech AG erwarten wir in diesem Jahr eine Vielzahl wichtiger Schlüsseldaten und Produktzulassungen. Zu den Highlights zählen unter anderem die Zulassung und Lancierung von Niraparib (Tesaro) bei Eierstockkrebs, von Valbenazin (Neurocrine Biosciences) zur Behandlung von Patienten mit Spätdyskinesie, von Abaloparatid-SC (Radius Health) bei Osteoporose und von KTE-C19 (Kite Pharma) als Lymphomtherapie. Wir blicken einem spannenden Jahr zuversichtlich entgegen!

 

ZUM AUTOR

Dr. Daniel Koller trat 2004 bei Bellevue Asset Mana­gement ein und ist seit 2010 Head Investment Team BB Biotech. Zuvor war er vier Jahre in der Finanz­industrie tätig, zuerst in der Funktion als Aktien­analyst bei UBS Warburg, danach als Private-Equity-Investor bei equity4life. Daniel Koller studierte Biochemie an der ETH Zürich und promovierte im Bereich Bio­techno­logie während seiner Tätig­keit bei Cytos Bio­techno­logy.

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