Der Markt für Mittelstandsanleihen scheint die bisherigen Ausfälle von Emittenten gut verkraftet zu haben. In den letzten Monaten wurden wieder zahlreiche Bonds notiert. Im Interview mit dem GoingPublic Magazin spricht Jörg Schilling-Schön, Vorstand der FMS AG, über  die Vorteile einer Anleihe als Finanzierungsinstrument für Unternehmen gegenüber einem klassichen Bankkredit und gibt einen Ausblick auf die nahe Entwicklung in diesem Segment.

GoingPublic: Herr Schilling-Schön, in den letzten Wochen wurden zahlreiche Mittelstandsanleihen emittiert. Wird die hohe Aktivität weiter anhalten?

Schilling-Schön: Wir gehen davon aus, dass wir in diesem Jahr noch mehrere Emissionen sehen werden. Dafür sprechen der unverändert niedrige risikolose Zins und die sich seitwärts bewegenden Spreads auf annehmbarem Niveau.

GoingPublic: Warum sind Anleihen als Finanzierungsalternative derzeit offensichtlich so attraktiv?

Schilling-Schön: Zunehmende regulatorische Hürden bei der Kreditvergabe sind mit Umsetzung von BASEL III sehr sicher zu erwarten. Unternehmen, die eine auf ihre Geschäftsstrategie abgestimmte Finanzierungsstrategie verfolgen, müssen vorausschauend planen. Hier sind Anleihen unseres Erachtens derzeit immer noch die einzig nennenswerte Alternative zu Bankfinanzierungen. Denn durch sie lassen sich mehr Stabilität und Flexibilität bei der Fremdkapitalfinanzierung erreichen.

GoingPublic: Kupons meist zwischen 7 und 8% bedeuten aber auch hohe Finanzierungskosten. Geht es über Banken wirklich nicht günstiger?

Schilling-Schön: Es sollten nicht Äpfel mit Birnen verglichen werden: Schließt ein Unternehmer Bankkredite mit kurzer Laufzeit ab, die dann noch besichert sind, wird er im Regelfall niedrigere Kosten haben. Benötigt er jedoch großvolumig Finanzierungsmittel für beispielsweise fünf Jahre und will diesen Bankkredit nicht besichern, wird im Zweifelsfall die Anleihe günstiger sein. Die Anleihe gewinnt an Bedeutung. Sie wird aber auch in Zukunft für jedes Unternehmen immer „nur“ ein komplementärer Baustein im maßgeschneiderten Finanzierungsmix sein.

GoingPublic: Die bisherigen Ausfälle von Anleihen aufgrund von Insolvenzen hat der Markt gut verkraftet. Wird das auch bei weiteren Einschlägen so sein, selbst wenn es irgendwann mal ein Markenunternehmen erwischen sollte?

Schilling-Schön: Wir glauben, dass sich die Anleger sehr wohl bewusst sind, dass einer höheren Rendite zwangläufig ein höheres Risiko gegenübersteht. Die Renditen liegen derzeit 600 bis 700% über dem entsprechenden risikolosen Zins. Hier sind Risiken eingepreist. Dass eine bekannte Marke nicht vor einer Insolvenz schützt, ist auch kein Geheimnis, erinnern wir uns etwa an Escada oder Schlecker.

GoingPublic: Herr Schilling-Schön, vielen Dank für Ihre interessanten Einblicke.

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