Die Grundidee hatte der heutige Geschäftsführer und Mehrheitsaktionär Haentjes 1985. Damals gründete er einen Mailorderversand für Filmmusik. Erfahrung in dieser Branche brachte er bereits aus seinen früheren Tätigkeiten u.a. bei Warner Home Video mit. Erst zwei Jahre später vergrößerte sich das Unternehmen und der erste Angestellte wurde mit an Bord geholt. Aus dem Versand entwickelte sich schon bald eine voll ausgestattete Record Company, die eigene Compilations und Soundtracks über den internen Vertrieb in die Läden brachte. In den nächsten Jahren wurden vor allem das internationale Wachstum sowie die Ausweitung der Produktpalette vorangetrieben und es wurden verschiedene Künstler unter Vertrag genommen. Innerhalb eines Jahrzehnts entwickelte sich das Familienunternehmen zum größten unabhängigen Tonträgerunternehmen in Deutschland.

Börsengang
1998 wagte das Familienunternehmen unter Haentjes‘ Führung den Schritt an die Frankfurter Börse und ließ sich im Neuen Markt listen. Der Grund, der für den Kapitalmarkt sprach, war einfach: Edel sollte weiter wachsen – auch international. Und die Equity Story überzeugte die Investoren; im Zuge des IPOs konnte Edel rund 60 Mio. DM an frischem Kapital einsammeln. Doch die Aktienmehrheit gab Haentjes in all den Jahren nicht ab. Ein Fakt, an dem sich auch künftig nichts ändern wird, denn auch in Zukunft soll die Mehrheit in Familienhand bleiben. „Mein Aktienanteil wird definitiv an meine Kinder übergeben. Aber ob das operative Management in Familienhand bleiben wird, ist eher unwahrscheinlich, wird sich aber erst noch zeigen“, erklärt Haentjes gegenüber dem GoingPublic Magazin.

Wenn Wachstum schadet
Durch den Börsengang nahm die Finanzkraft des Unternehmens enorm zu. Die neu gewonnene Liquidität sollte in das Wachstum investiert werden. Über den Zukauf von Tochtergesellschaften und verschiedene Joint-Ventures weltweit konnte Edel seinen Umsatz in kurzer Zeit vervielfachen. Negativ daran war jedoch die organisatorische Komplexität, die unterschätzt wurde. Zu Spitzenzeiten hatte das Familienunternehmen über 100 operative Einheiten, die nicht richtig in den Mutterkonzern integriert waren. Als der Neue Markt zusammenbrach, ging es auch für Edel steil bergab.

Nur knapp entkam das Unternehmen der Insolvenz. 2001 entschieden sich die Hamburger, den Neuen Markt zu verlassen, und wechselten in den Geregelten Markt/General Standard, da u.a. die Kosten für die speziellen Publizitätspflichten und Informationsbedürfnisse des Neuen Marktes zu hoch waren. Um den Konzern zu retten, leitete Haentjes ein umfangreiches Konzernsanierungsprogramm ein. Im Zuge dessen trennte sich Edel nicht nur von Beteiligungen und Firmenanteilen, sondern musste auch viele Mitarbeiter entlassen. Heute ist das Medienunternehmen im Entry Standard notiert.

Auf zu neuen Ufern
Aber nicht nur der harte Sparkurs, sondern auch das langfristige Denken des Gründers hat seine Wirkung gezeigt. „Der ganz große Vorteil ist, dass ich langfristig und nachhaltig denke. Ich habe die Firma vor 25 Jahren gegründet und habe auch nicht vor, das Unternehmen jemals zu verlassen.“ Darin sieht Haentjes das Positive für Edel: dass es ein Familienunternehmen ist. Auch künftig will der Hamburger an dieser Strategie festhalten. „Solange ich leistungsfähig bin, will ich bei Edel tätig bleiben. Daher achte ich weniger auf Quartals- bzw. Halbjahreszahlen, sondern denke langfristig. Solche Zeithorizonte gibt es in managergeführten Unternehmen eher weniger.“

In den vergangenen Jahren erweiterte Edel stetig sein Angebot und entwickelte sich zum Full-Service-Entertainmentanbieter. Dabei konzentrieren sich die Hamburger im Wesentlichen auf die drei Märkte Buch, Musik und Film. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Herstellung und Vermarktung dieser Medien. Heute agiert das Unternehmen europaweit und beschäftigt mehr als 800 Mitarbeiter. Und die Zahlen geben dem eingeschlagenen Kurs recht: Im vergangenen Jahr konnte der Umsatz um 5,9% von rund 130 Mio. auf 137,4 Mio. EUR gesteigert werden. Zudem erwirtschafteten die Hamburger einen Jahresüberschuss von 3,5 Mio. EUR.

Fazit
Zusammen durch Dick und Dünn: Nicht einmal an der Talsohle hat sich Gründer Haentjes von seinem Unternehmen getrennt, sondern hat an dessen Erfolg geglaubt – mit Recht, wie sich gezeigt hat. Ob das Unternehmen auch künftig von der Familie geleitet werden soll, ist eher unwahrscheinlich, steht allerdings noch nicht fest. Das Schlechteste wäre es für Edel sicherlich nicht.

Maximiliane Worch

Ursprünglich erschienen im GoingPublic Magazin 05/2012.

 

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