Die industriebasierte Trennung zwischen Classic- und Techunternehmen soll aufgehoben werden, die Anzahl der Unternehmen in MDAX und SDAX soll auf jeweils 60 erhöht werden und Unternehmen aus dem DAX sollen Zugang zum TecDAX erhalten. Grundsätzlich ist die geplante Neuregelung zu begrüßen – dennoch sollten mindestens 70 Unternehmen in S- und MDAX das Gebot der Stunde sein. Von Kay Bommer

Kay Bommer, DIRK
Kay Bommer, DIRK

Derzeit umfassen die Mid- und Small-Cap-Indices der Deutschen Börse insgesamt 130 Unternehmen (MDAX 50 / SDAX 50 / TecDAX 30). Dem vorliegenden Vorschlag folgend, würden zehn Unternehmen aus dieser Indexwelt herausgedrängt werden.

Dies hätte für die betroffenen Unternehmen zur Folge, dass sie nicht nur aus indexbasierten passiven Finanzprodukten herausfallen würden, sondern ihre ohnehin schon geringe Sichtbarkeit am Kapitalmarkt weiter massiv eingeschränkt werden würde.

Die Zugehörigkeit zu einem Auswahlindex steigert gerade bei kleineren Unternehmen dessen Bekanntheitsgrad erheblich, was zu mehr Geschäft und höherem Umsatz führen kann. Zudem kann eine Indexzugehörigkeit zu einer größeren Aufmerksamkeit des Kapitalmarktes und damit zu einer schärferen Effizienzkontrolle des Managements des Indexunternehmens durch Analysten, Presse und Finanzplatzaufsicht beitragen – was eine höhere Kostendisziplin und damit höhere Gewinne erbringen kann.

Verstärkt wird dieser Effekt durch die Umsetzung von MiFID II: Vor allem kleinere Unternehmen werden künftig nicht mehr von Brokern gecovert, was zu einer weiteren Abnahme der Sichtbarkeit führt.

Eine Reihe von Emittenten würde jede repräsentative Abbildung in einem Index verlieren, was die schon heute eher schwache Kapitalmarktorientierung des deutschen Mittelstands zusätzlich schädigt. Zudem wird für bislang noch nicht notierte Unternehmen ein Börsengang weniger attraktiv. Es wäre für sie künftig ungleich schwieriger, die mit der Aufnahme in die Auswahlindices verknüpften Reputations- und Bewertungsvorteile zu realisieren.

Die aktuell anstehenden Börsengänge sowie die gut gefüllte „IPO-Pipeline“ tragen das Ihre dazu bei, diesen „Crowding-out-Effekt“ noch zu verstärken.

Auch für Investoren wäre eine Ausweitung auf mindestens 70 Unternehmen vorteilhaft: Sie hätten einen besseren Zugang zu einer größeren Anzahl von Unternehmen, da sie häufig nur in Indexunternehmen investieren können bzw. dürfen.

Negative Folgen für Frankfurt vermeiden

Erst kürzlich hat die Deutsche Börse als Partner einer vom Deutschen Aktieninstitut durchgeführten Umfrage festgestellt, dass es „weiterer gemeinsamer Anstrengungen bedarf, um die Unternehmensfinanzierung über die Börse attraktiv zu gestalten“.[1]

Es ist zu hoffen, dass dies mehr als ein Lippenbekenntnis ist und die Börse aktiv an der Stärkung einer gesunden Aktienkultur in Deutschland mitwirkt, indem sie – ganz einfach und ohne erkennbare Nachteile – aus der 60 eine 70 macht!

[1] https://www.dai.de/de/presse/pressemitteilungen.html?d=551

Der Artikel erschien zuerst in der April-Ausgabe des GoingPublic Magazins.

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