Investor Relations unterliegen einem stetigen Wandel: Neben der verstärkten Regulierung spielen auch die Digitalisierung und Globalisierung eine immer wichtigere Rolle für zeitgemäße und erfolgreiche IR-Arbeit. Das könnte zu einem veränderten Rollenbild führen. Im Gespräch mit dem GoingPublic Magazin erläutert Achim Weick von EQS die aktuellen Trends und Herausforderungen der Branche.

Achim Weick, EQS
Achim Weick, EQS Group
GoingPublic: Herr Weick, wo sehen Sie die aktuellen Trends in den Investor Relations?

Weick: Es haben sich ganz deutlich drei Megatrends herauskristallisiert, die Hand in Hand gehen. An erster Stelle die Digitalisierung, die auch in vielen anderen Märkten unaufhaltsam voranschreitet und Prozesse effizienter gestaltet. Hinzu kommt die fortschreitende Regulierung, vor allem in Europa. Nach der Marktmissbrauchsverordnung sind die Emittenten in diesem Jahr durch MiFID II gefordert, denn die europäischen Richtlinie fordert neue Wege bei der Investorenansprache.

Und drittens…

…muss sich die IR zunehmend globaler ausrichten. Der Fokus vieler Investoren liegt schon lange nicht mehr nur auf dem jeweiligen Heimatland oder dem eigenen Kontinent. Dementsprechend heißt es für die IR-Verantwortlichen ‚think global‘. Mit einer mehrsprachigen IR-Webseite ist es da längst nicht mehr getan. Ziel muss es sein, eine aktive Kommunikation mit allen bestehenden und potenziellen Investoren weltweit zu gewährleisten. Eine Herkulesaufgabe, die ohne effiziente Lösungen kaum zu bewältigen ist. Damit wandelt sich zum Teil auch das Rollenverständnis in den Investor Relations.

Können Sie das näher erläutern?

Wir sehen in einigen Märkten, dass die IR-Verantwortlichen dort wirklich aktive Investor Relations betreiben – und zwar ausschließlich. Die in Deutschland oftmals noch üblichen weiteren Aufgaben wie die Organisation der Hauptversammlung, das Verfassen von Pressemitteilungen, das Pflegen des Insiderverzeichnisses oder das Veröffentlichen von Meldepflichten verlagert sich in eine Art ‚Corporate Office‘ oder in die PR. Der IRler hingegen telefoniert, schreibt und spricht mit den Anlegern und Analysten.

So wie der Investor Relations Officer in den USA.

Richtig, der IRO ist voll auf den Kontakt zu institutionellen Investoren fokussiert, hat also eine viel kleinere Zielgruppe als seine europäischen Kollegen, die er jedoch deutlich aktiver und direkter kontaktiert – vergleichbar mit einem Key Account Manager, der Kunden betreut. Während in Europa die Unternehmenspräsentationen, beispielsweise durch IR-Websites, digitale Geschäftsberichte und Webcasts, professioneller sind, sind die US-amerikanischen IRler beim Investor Targeting, also dem Wettbewerb um Investoren, deutlich weiter – davon müssen wir hierzulande lernen.

Inwiefern?

Gerade die Small & MidCaps spüren schon jetzt die Konsequenzen aus MiFID II. Die Broker bekommen Roadshows an den Sekundärstandorten wie Amsterdam, Edinburgh oder Genf nicht mehr voll, da nicht mehr alle Investoren zu ihren Kunden zählen. Statt üblicher acht oder gar zehn One-on-Ones an einem Tag sind es nur noch fünf, und zudem ist die Qualität der Investoren heterogen. Die IROs sind gefordert, hier gegenzusteuern und die Organisation von Roadshows wieder selbst in die Hand zu nehmen, um eine effiziente Investorenkommunikation sicherzustellen und die knappe Zeit von CEO und CFO bestmöglich zu nutzen.

Die kleineren Emittenten drohen ansonsten aus dem Fokus der institutionellen Investoren zu verschwinden?

Ja, denn die Institutionellen müssen durch MiFID II für Research-Angebote und Corporate Access extra bezahlen – und es ist bereits jetzt zu erkennen, dass die Bereitschaft, diese Leistungen bei geringer kapitalisierten Titeln nachzufragen, eher gering ist. Damit müssen die Emittenten verstärkt versuchen, direkten Zugang zu den Investoren zu erhalten, also aktives Investor Targeting zu betreiben.

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