Nicht nur eine, genau genommen zwei Kapitalerhöhungen hat die Münchener Wilex AG kürzlich vorgenommen: Eine Privatplatzierung und eine Bezugsrechtskapitalerhöhung, die dem Unternehmen einen Bruttoemissionserlös von 2,5 Mio. EUR eingebracht haben. Für 2016 sind weitere Finanzierungen angekündigt. Ein großer Rückhalt ist und bleibt der Hauptaktionär, die dievini Hopp BioTech holding.

GoingPublic: Herr Schmidt-Brand, die Wilex AG hat kürzlich eine Kapitalerhöhung abgeschlossen. Für welche Zwecke wollen Sie die neuen Gelder verwenden?
Jan Schmidt-Brand: Wir werden im kommenden Jahr weitere Finanzierungsmaßnahmen durchführen und den geplanten Gesamtemissionserlös von mindestens 10 Mio. EUR vor allem für die Weiterentwicklung unserer ADC-Technologie (Antibody Targeted Amanitin Conjugates) verwenden, die wir im Kooperationsmodell mit Pharmafirmen anbieten und auslizensieren. Unser Ziel ist es darüber hinaus, ein PSMA-Antikörper-Wirkstoff-Konjugat als ersten eigenen ATAC-Kandidaten zu optimieren und in Richtung der frühen klinischen Entwicklung voranzutreiben. Die Etablierung des Herstellungsprozesses ist dafür Voraussetzung. Dazu gehört die Produktion des Wirkstoffs Amanitin und des Antikörper-Wirkstoff-Konjugats (ATAC) bei Lohnherstellern unter GMP-Standard.

Der Finanzierungsplan ist mehrstufig aufgebaut. Welche Überlegungen stecken dahinter?
Die beiden erfolgreich abgeschlossenen Kapitalmaßnahmen haben wir schnell, relativ unkompliziert und ohne Prospekt umgesetzt. Sie dienen der kurzfristigen Finanzierung des Unternehmens. Mit der von uns gewählten Kombination konnten wir einen Teil des genehmigten Kapitals ausnutzen, das im Volumen nicht der Wertpapierprospektpflicht unterliegt. Wir haben deshalb eine Privatplatzierung, also 10% des Grundkapitals oder 1,7 Mio. EUR, direkt mit dievini gemacht und weitere Aktien im Wert von bis zu 0,8 Mio. EUR allen Aktionären angeboten.
Für die nächste Stufe werden wir einen Wertpapierprospekt benötigen, dessen Erstellung zeit- und personalintensiv ist. Unsere Überlegung war auch, dass wir diesen auf Basis des testierten Jahresabschlusses machen. Am Geschäftsbericht und am Prospekt arbeiten wir jetzt. Gegebenenfalls werden wir die Hauptversammlung nach neuem genehmigten Kapital oder einem Direktbeschluss fragen.

Welche Rolle spielt die Hauptaktionärin der Wilex AG, die dievini Hopp BioTech holding?
Natürlich spielt für uns dievini beziehungsweise Dietmar Hopp eine starke Rolle. Mit seiner Mehrheitsbeteiligung von über 50% über alle Beteiligungen und drei Vertretern im Aufsichtsrat ist das offensichtlich. Aber das Wichtigste ist: Er spielt eine starke positive und unterstützende Rolle – in der Vergangenheit, jetzt und hoffentlich auch in Zukunft. Wir haben in den letzten Monaten sehr viel Zeit damit verbracht, die Stärken und Chancen unserer Technologie auch mit dievini zu diskutieren und haben erneut einen Vertrauensbonus und die Unterstützung für unsere Strategie erhalten.
dievini hat sich aktuell für ein Investment von 10 Mio. EUR zu einem Preis von 1,84 EUR pro Aktie entschieden. Das müssen wir als Gesellschaft akzeptieren. Schließlich hat auch jeder andere Aktionär die Chance, bei diesem attraktiven Bezugspreis zu investieren. Die Aktionäre, die sich beim ersten Schritt benachteiligt fühlten, hatten die Möglichkeit, in der Bezugsrechtskapitalerhöhung mitzumachen und auch Überbezug anzumelden. Davon wurde Gebrauch gemacht.

Welche institutionellen Investoren sollen mit den Maßnahmen angesprochen werden?
Die WILEX AG ist derzeit mit 18 Mio. EUR bewertet und hat durch die Beendigung der Kooperation mit Roche einen Kursrückschlag von rund 30% erlitten. Aber die Projekte dieser Kooperation waren in den Modellen der Analysten aufgrund des sehr frühen Stadiums gar nicht enthalten. Die Zusammenarbeit wurde aus strategischen Gründen bei Roche beendet und nicht aufgrund der Daten. Im Gegenteil, unsere ADC-Daten reifen und die Kooperationen mit anderen Firmen laufen planmäßig bis aussichtsreich. Darüber hinaus haben wir mit REDECTANE®, unserem diagnostischen Antikörper zur Erkennung des klarzelligen Nierenzellkarzinoms, mindestens ein Phase III-Projekt bei WILEX, das eine realistische Chance hat, zur Marktreife entwickelt zu werden. Unsere Phase III-Daten waren sehr gut. Aber wie in unserer Strategie 2014 festgelegt, würden wir diesen Produktkandidaten sehr gern an einen kompetenten Partner aus der radiopharmazeutischen Industrie übergeben und von dem upside profitieren.

Welche weiteren strategischen Meilensteine dürfen wir 2016 von der Wilex AG erwarten?
Natürlich ist die längerfristige Finanzierung des Unternehmens unser wichtigstes Ziel. Im Bereich F&E konzentrieren wir uns auf die Weiterentwicklung unserer ADC-Technologie, die aufgrund ihres Wirkmechanismus mit dem Toxin Amanitin Alleinstellungsmerkmale aufweist. Dafür ist die Etablierung eines GMP-konformen Herstellungsverfahrens des verwendeten Wirkstoffes, dem Gift des grünen Knollenblätterpilzes, von großer Bedeutung. Daran arbeiten wir erfolgreich. Wir erwarten wichtige Daten aus präklinischen Studien und aus unseren Arbeiten zur Optimierung von ATACs. Darüber hinaus rechnen wir damit, dass wir unsere bereits bestehenden Kooperationen mit Pharmaunternehmen in Lizenzverträge überführen beziehungsweise neue Kooperationen abschließen werden.

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